Der Plastikfresser aus dem Labor

Plastikmüll überall - gibt es eine Lösung für die globale Umweltverschmutzung durch Kunststoffe? Hoffnung macht zumindest eine Entdeckung britischer Forscher: ein Enzym, das PET-Flaschen zersetzen kann.

8,3 Milliarden Tonnen Plastik wurden laut Berechnungen der University of Georgia bis zum letzten Jahr weltweit produziert - das entspricht der Masse von einer Milliarde Elefanten bzw. 822.000-mal dem Eiffelturm. Ungefähr ein Drittel der Produktion landet als Müll in der Umwelt.

Plastikmüll im Meer

DAVID JONES - BLUE PIXEL IMAGING

Müll im Meer: Nur zwei Prozent aller Kunststoffe werden laut World Economic Forum wiederverwertet

Die Konsequenzen sind bekannt: Im Nordpazifik hat sich etwa ein riesiger Müllstrudel gebildet, der mittlerweile größer sein könnte als der US-Bundesstaat Texas. Und Mikroplastik ist mobil. Es gelangt in die Nahrungskette, vor allem in aquatischen Ökosystemen, und macht natürlich nicht halt vor jenen Fischen, die auf unserem Teller landen.

Mikroben „fressen“ PET-Flaschen

Angesichts dieser trüben Aussichten war es durchaus erfreulich, was Somboon Tanasupawat vor zwei Jahren zu berichten hatte: Der thailändische Mikrobiologe hatte auf einer Müllhalde neuartige Bakterien entdeckt, die offenbar PET-Flaschen zersetzen können. Verantwortlich dafür war ein bis dahin ebenfalls unbekanntes Enzym, die PETase.

Was insofern erstaunlich ist, als die Bakterien nicht allzu viel Zeit hatten, um sich an das neue Nahrungsmittel anzupassen. Denn das Patent für die Herstellung von Polyethylenterephthalat stammt aus den 1940er Jahren, davor existierte dieser Kunststoff nicht.

Enzym durch Zufall verbessert

Um zu klären, wie sich die Bakterien die neuartige Energiequelle so rasch erschließen konnten, haben nun Wissenschaftler der britischen University of Portsmouth das Enzym mit Hilfe von energiereichen Röntgenstrahlen durchleuchtet (siehe Video) und Ähnlichkeiten zu einem Protein festgestellt, das schon lange in der freien Natur vorkommt. Die PETase ist so ähnlich aufgebaut wie die Cutinase - jenes Enzym, mit dem Pilze und Bakterien die Zellwandbestandteile von Pflanzen abbauen.

Als die britischen Forscher der möglichen Verwandtschaft der beiden Enzyme auf den Grund gehen wollten und am reaktiven Zentrum herumbastelten, passierte Überraschendes: Der Eingriff hatte die Leistungsfähigkeit der PETase verbessert. Der Unterschied sei zwar nicht sonderlich groß, sagte Studienleiter John McGeehan. „Aber die Entdeckung weist darauf hin, dass es noch Raum gibt für die weitere Verbesserung solcher Enzyme.“

Die notwendigen Werkzeuge stehen laut McGeehan jedenfalls bereit, werden doch ähnliche Methoden bei der Entwicklung von Waschmitteln sowie bei der Herstellung von Biotreibstoffen genutzt. Und nicht zuletzt lasse sich die Technologie auch auf andere verbreitete Kunststofftypen wie PEF, PLA und PBS ausdehnen. McGeehans Ziel ist das „Recycling des stetig wachsenden Plastikmüllbergs“. Noch sind die Forscher nicht so weit, das Müllproblem im globalen Maßstab mit Designerenzymen bekämpfen zu können. Aber ein Anfang ist gemacht.

Robert Czepel, science.ORF.at

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