Großzügigkeit kommt nicht von „Kuschelnerven“

Menschen verhalten sich in der Regel großzügiger, wenn sie vorher berührt wurden. Ob sich dieser aus Feldstudien bekannte „Midas-Effekt“ auch unter Laborbedingungen zeigt, haben Psychologen überprüft: Mit speziellen „Kuschelnerven“ habe er jedenfalls nichts zu tun.

Der „Midas-Effekt“ wurde bereits in zahlreichen Zusammenhängen nachgewiesen. So gibt es etwa Belege dafür, dass Kellner oder Kellnerinnen mehr Trinkgeld erhalten, wenn sie Restaurantbesucher berühren. Durch eine simple Berührung wird auch beispielsweise die Bereitschaft gesteigert, sich an einer Umfrage zu beteiligen oder Zigaretten mit anderen zu teilen. Benannt ist dieses Phänomen nach König Midas aus der griechischen Mythologie, der alles, was er berührte, in Gold verwandelte.

Dazu gebe es zwar einige Theorien, „richtig überprüft wurde es aber noch nicht“, sagte die Erstautorin der Studie, Lisa Rosenberger, im Gespräch mit der APA. Das Team um Rosenberger und Uta Sailer vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden der Universität Wien und Kollegen aus Norwegen wollte herausfinden, ob der Effekt etwas mit den sogenannten C-taktilen Fasern zu tun hat.

Diese finden sich überall dort ungefähr gleich verteilt, wo die menschliche Haut mit kleinen Härchen besetzt ist - sprich überall bis auf die Hand- und Fußflächen. Ihre Aufgabe ist vor allem die Weitergabe von angenehmen Gefühlen durch Berührungen an die emotionalen Zentren im Gehirn.

Psychologische Faktoren

Die Wissenschaftler „streichelten“ im Rahmen der Studie Versuchspersonen etwa mit einer Bürste auf dem Unterarm. Taten sie das langsam und kontinuierlich, regte das die CT-Fasern an, und erzeugte angenehme Gefühle. „Hüpften“ die Forscher allerdings mit der Bürste über die Haut, wurde das als nicht so angenehm empfunden. Die Teilnehmer gaben nach den dreiminütigen Streicheleinheiten jeweils an, wie angenehm sie das empfanden.

Dann spielten sie eine Art „Vertrauensspiel“ am Computer. In den drei Experimenten konnten sie im Zuge dessen entweder der Person, die sie gerade berührt hatte, einer im Raum befindlichen, anonymen Person oder einer unbekannten Person, die über das Internet mit ihnen verbunden war, Geld schicken. Der Ausgangsgedanke war, „genau zu erforschen, ob die CT-Fasern in verschiedenen Kontexten auch ‚wirken‘, wenn man sie aktiviert. Wir haben aber gefunden, dass sie das in allen drei Kontexten nicht taten“, sagt Rosenberger.

Man könne also sagen, dass diese Fasern überraschenderweise nichts mit dem „Midas-Effekt“ zu tun haben. Es dürfte dabei vielmehr um „psychologische Faktoren“ gehen, so die Forscherin: „Wenn man im echten Leben jemanden berührt, dann muss man der Person näher kommen, und das dürfte dann einen viel größeren Einfluss darauf haben, wie wir diese Person einschätzen. Das macht uns dann letztendlich großzügiger.“

science.ORF.at/APA

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