Schädliche Nahrungsergänzungsmittel

Viele Nahrungsergänzungsmittel enthalten laut einer Studie deutscher Behörden giftige Pflanzenstoffe. Die Dosierung ist teilweise bedenklich hoch, der Konsum der kräuterhaltigen Pillen und Kapseln solle deshalb so gering wie möglich ausfallen.

Pflanzen wehren sich auf unterschiedliche Weise, damit sie von Insekten und Säugetieren nicht gefressen werden. Während manche Stacheln bilden, erzeugen andere Pflanzengifte wie Pyrrolizidinalkaloide. Was die Pflanze schützt, kann den Menschen in hohen Dosierungen schaden, sagte Ingrid Kiefer von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). „Das sind Pflanzeninhaltsstoffe, die insbesondere die Leber schädigen können und daher eigentlich in Lebensmitteln und Futtermitteln unerwünscht sind.“

Pflanzengifte werden „mitgeerntet“

Rund 350 Pflanzenarten produzieren diesen Stoff, zu ihnen zählen Huflattich, Wasserdost, Lungenkraut und Pestwurz. Dass sie in pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln wie zum Beispiel Johanneskraut-Präparaten enthalten sind, ist teilweise Zufall. „Es ist wie bei anderen Lebensmitteln auch. Durch das Miternten von alkaloidhaltigen Pflanzenteilen und Samen können auch diese Stoffe in Tee, Blattgemüsen und entsprechend dann auch in Nahrungsergänzungsmitteln landen", so Kiefer.

Andererseits werden Huflattich und Co. explizit zu Nahrungsergänzungsmittel verarbeitet. Ihnen schreibt man zum Teil eine gesundheitsfördernde Wirkung zu, die in vielen Fällen noch nicht nachgewiesen werden konnte. „Spezielle Nahrungsergänzungsmittel sind eigentlich nicht notwendig, weil ja die Stoffe durch die herkömmliche Ernährung aufgenommen werden", sagte die Expertin.

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Diesem Thema widmete sich auch das Journal um acht am 21.6.

Schädliche Stoffe in mehr als der Hälfte

Bei gut der Hälfte aller analysierten Proben hat das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aktuell Pyrrolizidinalkaloide in Nahrungsergänzungsmitteln nachgewiesen. Dieses Ergebnis deckt sich mit einer Studie der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) vor drei Jahren. Hier enthielten 60 Prozent der pflanzlichen Nahrungsergänzer diese schädlichen Pflanzenstoffe. Wie die deutschen Autoren nun zeigen, ist die Dosierung allerdings in manchen Fällen so hoch, dass es zu akuten toxischen Reaktionen führen kann. „D. h. zu Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit oder Erbrechen“, erläuterte Kiefer.

Konkrete Fälle von Vergiftungen und Leberschäden sind in Europa allerdings seit den 1970er Jahren nicht bekannt, so Kiefer. „Damals gab es einen Fall, wo Kinder Kreuzkraut in Form von Kräutertee über mehrere Tage hinweg getrunken. Eines der beiden Kinder, das zwei Monate alt war, starb daran. Das andere Kind erkrankte Monate später an einer Leberzirrhose.“

Experten raten von den Präparaten ab

Grundsätzlich raten die Experten, den Konsum der Pflanzenstoffe so gering wie möglich zu halten. Denn wie eine Studie an Mäusen zeigt, könnte der langfristige Konsum selbst kleiner Mengen krebserregend sein. Bei Tee sollte man etwa die Marke immer wieder wechseln, um zu vermeiden, langfristig mit den Pflanzenstoffen in Berührung zu kommen. Vom Verzehr von aus Huflattich und Co. hergestellten Nahrungsergänzungsmitteln raten BfR und AGES ab, „da sie die Aufnahme dieser Alkaloide immens erhöhen können“, so Kiefer.

Entwarnung geben die Autoren der Studie bei ölbasierten Extrakten von diesen Pflanzen. Hier fanden die Experten keine schädlichen Pflanzengifte. Um das Risiko von potenziellen Gesundheitsschädigungen zu minimieren, sollen künftig europaweit Grenzwerte für Lebensmittel eingeführt werden. Wann, ist noch unklar.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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