Plastik-Recycling im Weltraum

Weltraummüll wiederverwerten und damit Gewicht und Kosten von Raumflügen senken - mit dieser Idee haben drei Rostocker Schüler den ersten Platz im „Jugend forscht“-Wettbewerb erreicht. Jetzt möchten sie die Idee in die Praxis umsetzen.

Auf der Internationalen Raumstation (ISS) wollen Leni Termann, Lara Neubert und Adrian Schorowsky ihr Recyclingverfahren verwirklicht sehen. Deshalb haben sie es nun bei Airbus in Bremen vorgestellt. Die Idee: Plastikmüll soll zu Grundstoff für 3D-Drucker recycelt werden. Und damit wiederum lassen sich laut den Schülern Ersatzteile und Teile für Experimente der Astronauten direkt auf der ISS herstellen. Das vermeide auch Müll, der sonst beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglüht.

180 Kilo Verpackungsmüll jährlich auf der ISS

Mit dieser Idee hatten die 18-Jährigen im Mai den Bundessieg von „Jugend forscht“ im Bereich Geo- und Raumwissenschaften errungen und einen Monat später den Nachwuchspreis des „Inno Award 2018“, den Preis der Technologiezentren in Mecklenburg-Vorpommern.

Auf den Gedanken habe sie eine Veranstaltung mit dem Ex-Astronauten Thomas Reiter in der Uni Rostock vor zwei Jahren gebracht: „Da ist uns aufgefallen, außerhalb der ISS gibt es Ansätze zum Umgang mit Weltraumschrott, aber innerhalb der ISS eher nicht“, sagte Neubert im Vorfeld der Präsentation. „Im Moment beziehen wir uns besonders auf Kunststoff“, ergänzte Termann. Konkret gehe es um sogenanntes Low-density Polyethylen (LDPE), eine Form des Polyethylens (PE). Auf der ISS stamme das vor allem aus Verpackungsmüll von Experimenten, erklärt Schorowsky, bis zu 180 Kilo pro Jahr.

Plastikgranulat zu Ersatzteilen verarbeiten

„Um das Material zu verarbeiten, muss man zuerst den Stickstoff entfernen, der darin eingeschlossen ist“, sagte Schorowsky. „Das erreichen wir dadurch, dass wir das Material einschmelzen.“ Die Verpackungen würden aus Brandschutzgründen für den Transport mit Stickstoff aufgeschäumt, der beim Vakuum-Einschmelzen durch den fehlenden Druck besser entweichen könne. Anschließend werde das Material zu Granulat geschreddert, mit dem einige 3D-Drucker bereits arbeiten könnten, so dass keine weitere Umwandlung nötig sei. „Und dann stellen wir die Teile her, die wir brauchen“, sagte Schorowsky.

„Wir greifen genau da an, wo Material verschwendet wird“, sagt Termann. „Sonst kommt es in die leere Transportkapsel und verglüht“, ergänzte Lehrerin Kirsten Mantau, die das Projekt gemeinsam mit Peter Schmedemann vom Bildungsinstitut Mecklenburg-Vorpommern betreut.

„Man muss sagen, dass die Astronauten im Moment noch relativ abhängig von den Transportkapseln sind“, erklärte Termann. Ersatzteile für Experimentausstattungen müssten aufwendig und vor allem teuer von der Erde herbeigeschafft werden. Ein Kilogramm Material zur ISS zu fliegen koste bis zu 20 000 US-Dollar. „Durch den Recyclingprozess schaffen wir eine gewisse Unabhängigkeit.“

Nachhaltigkeit im All in Zukunft wichtiger

Von dem Treffen bei Airbus erhoffte sich Termann auch eine Rückmeldung, ob das Verfahren in der Praxis eingesetzt werden könnte. Bei Airbus ist man interessiert: "Das von dem „Jugend forscht“-Team bearbeitete Thema „ReUse in Space" halten wir für sehr relevant beispielsweise für zukünftige Langzeitmissionen“, sagte Mathias Seifert, Programmmanager ISS bei Airbus.

Das sieht auch Volker Schmid, Leiter der Abteilung Nutzung Raumstation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt so: „Etablierte Wissenschaftler widmen sich diesen Fragestellungen kaum, da sie gegenwärtig nicht auf der Tagesordnung stehen. In punkto Nachhaltigkeit, und da denke ich schon an astronautische Flüge zum Mond und weiter zum Mars, werden wir zukünftig so etwas benötigen.“

Als nächstes wollen die drei ihr Verfahren platz- und kostensparender gestalten. Neben der Auszeichnung haben sie noch etwas anderes vom „Jugend forscht“-Wettbewerb mitgenommen: Stipendien für die Universität der Bundeswehr. Zumindest Schorowsky wird es wohl annehmen, wie er sagt.

Hannes Stepputat, dpa

Mehr zu dem Thema: