Das verlorene Land der San

Am Mittwoch wäre Nelson Mandelas 100. Geburtstag. Der südafrikanische Freiheitskämpfer setzte sich auch für die Rechte indigener Völker ein: so auch für jene der San – ein Volk, das für seine Felsmalereien bekannt ist und fast zur Gänze ermordet und vertrieben wurde.

Schlanke Figuren jagen Antilopen oder Giraffen mit Pfeil und Bogen. Wer einmal in Südafrika war, kennt die Felsmalereien, die heute UNESCO-Weltkulturerbe sind. Geschaffen haben sie die San, eine Volksgruppe, die ab dem 17. Jahrhundert von den Buren, den holländischen Siedlern, vertrieben und ermordet wurden.

„Auf der gesellschaftlichen Stufenleiter Südafrikas stehen die San auch heute noch ganz unten, obwohl ihr Image und ihre Felskunst so bedeutend sind für das Land“, sagt Manuela Zips-Mairitsch, Juristin und Lektorin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien. Sie hat die Konflikte um Landrechte im südlichen Afrika bis in die Gegenwart untersucht.

Felsmalerei der San

Manuela Zips-Mairitsch

Felsmalerei der San

Vertreibung, Versklavung, Mord

„Als die Holländer 1652 im südlichen Afrika ankamen, begann eine Konkurrenz um Land“, erklärt Zips-Mairitsch. „Die San waren Jäger und Sammler, sie hatten keine Siedlungen, sie sind umhergewandert. Und die Kolonialherren wollten große Gebiete für die Viehzucht einzäunen.“ Dass die Buren die San von ihrem Land vertrieben, zerstörte deren Lebensgrundlage: „Einerseits konnten sie nicht mehr jagen und sammeln, andererseits verbinden die San auch sehr viel Kulturelles, Spirituelles mit dem Land, wie die meisten indigenen Völker.“

ORF-Sendungshinweise

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“: 18.7., 13.55 Uhr, Ö1.

Von der Geschichte Südafrikas und der Rolle Nelson Mandelas handelt die Universum-History-Doku “Kap der Stürme - Land der Hoffnung, Teil 3: Apartheid und Aufbruch“, 20.7., 22.35 Uhr, ORF2.

Auch die Bestände der Jagdtiere, wie etwa Elenantilopen, wurden dezimiert. Viele San heuerten daraufhin bei Farmern an oder wurden versklavt. Dazu kamen Abschussprämien: Wer San ermordete, konnte von den Holländern im 17. Jahrhundert Geld bekommen, sagt Zips-Mairitsch: „Dadurch wurden die San-Gesellschaften mehr oder weniger zerstört.“ Von den ursprünglich 300.000 San leben heute in Südafrika noch circa 5.000.

Heutiger San

Werner Zips

Heutiger San

Etappensieg

Für diese spielte Mandela eine entscheidende Rolle. Als 1994 mit der Rückgabe von Land begonnen wurde, das im Zuge der Apartheid geraubt wurde, gingen die San leer aus. Denn die Restitution berücksichtigte nur Landraub ab 1913. Die San wurden allerdings schon wesentlich früher enteignet.

Buchtipp

Manuela Zips-Mairitsch: Verlorenes Land? Indigene (Land)rechte der San in Botswana, Verlag Reimer.

Mandela sorgte 1997 in einer außergerichtlichen Einigung dafür, dass die San den Khomani-Nationalpark im Norden Südafrikas für spirituelle Zwecke und zum Sammeln von Früchten nutzen können. „Mandela war auch offiziell dort und hat mit den San gefeiert, als ihnen das Papier übergeben wurde, in dem festgehalten wurde, dass Teile des Parks ihnen gehören“, so Zips-Mairitsch.

Für die San ist das nur ein Etappensieg: „Denn Jagen ist nicht erlaubt, und so können sie sich nicht erhalten.“ Und die alte Kultur kommt damit auch nicht zurück: Die letzten Felsmalereien aus dem 17. Jahrhundert zeigen die Ochsenkarren der holländischen Siedler.

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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