UNO sieht Sieg über Aids in Gefahr

Der Kampf gegen Aids war in den vergangenen Jahren recht erfolgreich. Nun aber sehen die Vereinten Nationen (UNO) die Ziele in Gefahr. In 50 Ländern der Welt steige die Zahl der HIV-Neuinfektionen, warnte der Generaldirektor von UNAIDS, Michel Sidibe, am Mittwoch.

Ganze Regionen machten Rückschritte. Die Erfolge bei der Neuinfektion von Kindern seien nicht nachhaltig, die Mittel seien geringer als von vielen Politikern versprochen, und zentrale Bevölkerungsgruppen würden ignoriert, so Sidibe. In den vergangenen sieben Jahren sei die Zahl der Neuinfektionen um 18 Prozent auf 1,8 Millionen im vergangenen Jahr gesunken. Der Rückgang sei aber nicht schnell genug, um das Ziel von weniger als 500.000 frisch Infizierten bis 2020 zu schaffen.

AIDS-Neuinfektionen und Todesfälle 2000-2017

Grafik: APA, Quelle: UNAIDS/APA

„Erst auf halbem Weg“

Sidibe präsentierte am Dienstag in Genf den neuen Welt-Aids-Bericht - wenige Tage vor Beginn der Welt-Aids-Konferenz (23. bis 27. Juli) in Amsterdam. Es geht um das Erreichen eines ambitiösen Ziels. 2020 sollen weltweit 90 Prozent der von HIV-Betroffenen über ihre Infektion Bescheid wissen, 90 Prozent von ihnen in Behandlung sein und bei wiederum 90 Prozent das Virus im Blut durch die Unterdrückung der Virusvermehrung nicht mehr nachweisbar sein. So lautet die UNAIDS-Devise im Rahmen des „90-90-90“-Programms zur Beendung der Pandemie.

Die Welt befinde sich erst auf halbem Weg bei der Erreichung der Ziele, betonte der UNAIDS-Chef. Die Zahl der aidsbedingten Todesfälle sei derzeit zwar - mit weniger als einer Million Opfer pro Jahr - auf dem niedrigsten Stand in diesem Jahrhundert. Doch gebe es „keine neuen Hilfsversprechen auf mehr Mittel“ und „einen akuten Mangel an Personal im Gesundheitswesen sowie andauernde Diskriminierung und Stigmatisierung“.

Besonders die Kinder würden im Kampf gegen HIV/Aids zurückgelassen. Zwar habe man seit 2010 rund 1,4 Millionen Neuinfektionen bei Kindern verhindern können. Aber 2017 habe es noch immer 118.000 Fälle von Ansteckung gegeben. „Das ist weit vom Ziel entfernt, dass es 2018 keine neuen HIV-Infektionen bei Kindern mehr geben soll“, betonte Sidibe.

Menschen, die mit HIV-Infektion leben nach Regionen

Grafik: APA, Quelle: UNAIDS/APA

2017 fast eine Million an Aids gestorben

Wie groß die Herausforderung durch HIV/Aids weiterhin ist, belegen die aktuellen Zahlen: 2017 lebten weltweit 36,9 Millionen Menschen mit HIV/Aids. 19,6 Millionen von ihnen leben südlich der Sahara und in Ostafrika. 21,7 Millionen Patienten erhielten eine antiretrovirale Therapie. Vergangenes Jahr starben rund 940.000 Menschen an HIV/Aids. Seit dem Beginn der weltweiten Epidemie (Mitte der 1980er Jahre) wurden 77,3 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. 35,4 Millionen Patienten sind gestorben.

Im Vergleich zum „90-90-90“-Programm, dessen Ziele 2020 zu erreichen wären, gibt es noch etlichen Aufholbedarf: 2017 wussten rund 75 Prozent der HIV-Positiven über ihren Infektionsstatus Bescheid. 79 Prozent von ihnen bekamen eine antiretrovirale Therapie. Bei 81 Prozent der Behandelten konnte die Konzentration der HI-Viren unter die Nachweisgrenze gedrückt werden.

Bei solchen Entwicklungen wird es allerdings mit jedem Fortschritt immer schwieriger, die letzten Ziele zu erreichen. Während im Jahr 2000 für die Staaten mit geringem oder mittlerem Bruttoinlandsprodukt (BIP) rund 4,10 Milliarden Euro für den Kampf gegen HIV/Aids zur Verfügung standen, waren es im Jahr 2017 18,17 Milliarden Euro. 2014 bis 2016 waren es jährlich jeweils ziemlich gleichbleibend um die 19 Milliarden US-Dollar (16,21 Mrd. Euro) gewesen. Jetzt geht es darum, durch eine weitere Anstrengung den Weg zum echten Ende der HIV/Aids-Pandemie aufzubereiten.

science.ORF.at/APA/dpa

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