Ein Pokéball als Quallenfänger

In den Ozeanen verbergen sich unzählige unerforschte Arten: Nur wie befördert man Quallen und Tintenfische aus dem Wasser, ohne ihre weichen Körper zu verletzen? Ein „Pokéball-Roboter“ made in Harvard schafft das.

„Wir betrachten Tiere, als wären sie Kunstwerke“, sagt David Gruber, Biologe an der City University of New York. „Würden wir Teile aus der Mona Lisa schneiden, um sie untersuchen zu können? Nein, wir würden stattdessen die beste verfügbare Technologie verwenden. Tiefseeorganismen verdienen eine ähnlich schonende Behandlung, wenn wir mit ihnen arbeiten wollen.“

Von Origami inspiriert

Die Grundidee für den supersensiblen Greifer geht auf Zhi Ern Teoh von der Harvard Graduate School of Design zurück. Zoologische Anwendungen hatte der Maschinenbauingenieur bei seinen entfaltbaren Polyedern zunächst nicht im Sinn. Ihm ging es zunächst um die Frage, ob man vom Origami inspirierte Techniken auch bei Robotern einsetzen könnte.

Die Antwort liefern die Forscher um Gruber und Teoh nun im Fachblatt „Science Robotics“: Ja, das Origami-Prinzip eignet sich offenbar auch, um modulare Maschinen zu konstruieren. Und den praktischen Leistungsbeweis liefern die Forscher in ihrer Studie gleich mit. Sie testeten die multigelenkigen Greifarme in 500 bis 700 Metern Tiefe an Quallen und Tintenfischen. Der Fang im natürlichen Lebensraum gelang - wohlgemerkt so, dass die Tiere dabei nicht verletzt wurden.

Der Trick dabei: Der Greifarm bildet eine Hohlkugel, ähnlich wie der Pokéball aus der beliebten TV-Serie Pokémon. Mit dem Unterscheid freilich, dass hier keine Pocket Monsters gefangen werden, sondern eben fragile Wesen aus der Tiefsee.

Nun wollen die Forscher neue Versionen des Geräts bauen. Etwa eine robustere, die sich auch für geologische Probennahmen im Meer eignet. Sowie eine, die „sehen“ kann: „Wir möchten in der Zukunft Kameras und Sensoren verwenden, um die Tiere unter Wasser zu vermessen, genetisch zu untersuchen - und dann vor Ort wieder freizulassen“, sagt Gruber. Für die Biodiversitätsforschung wäre dieser Ansatz revolutionär. Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich in der Tiefsee Tausende, vielleicht sogar Millionen unbekannte Arten verbergen könnten.

science.ORF.at

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