Bienenduft als „Elefantenschutzmittel“

Wissenschaftler haben eine schonende Methode entwickelt, um wilde Elefanten von Feldern und Siedlungen fernzuhalten: Wenn die Dickhäuter Bienen-Botenstoffe riechen, ergreifen sie die Flucht.

Im Zoo oder als Touristenattraktion sind afrikanische Elefanten beliebt, in der freien Wildbahn können sie für Menschen aber zum Problem werden. Etwa wenn sie über Felder spazieren und dabei die Ernte zertrampeln. Doch wie kann man die Elefanten fernhalten, ohne ihnen zu schaden? Laut einer neuen Studie, durchgeführt im Kruger-Nationalpark in Südafrika, könnte es eine unkonventionelle Lösung für dieses Problem geben.

Aufgrund ihrer Größe neigen Elefanten eher nicht zu übertriebener Ängstlichkeit. Vor Bienenstichen haben sie allerdings Respekt. Denn trotz ihrer dicken Haut sind Elefanten schmerzempfindlich – etwa rund um die Augen oder am Rüssel. Deshalb haben sie im Laufe der Zeit gelernt, sich zurückzuziehen, sobald sie die Botenstoffe von Bienen riechen. Dieser Umstand hat die Wissenschaftler um den Insektenkundler Mark Wright zu einer Erfindung inspiriert: das Anti-Elefanten-Duftwasser.

Experiment mit duftenden Socken

Die Forscher haben eine Rezeptur entwickelt, die Alarm-Pheromone von Bienen enthält: jene Duftstoffe, die Bienen absondern, um ihre Artgenossinen zu warnen und auf einen Angriff einzustimmen. Für die Studie hat das Forscherteam die Pheromon-Mischung in der Nähe von Wasserstellen in einem südafrikanischen Naturreservat platziert und die Reaktion von sich nähernden Elefanten beobachtet.

Ein Video des Versuchs zeigt: Sobald die Elefanten die Botenstoffe (die in einem weißen Socken an einem Ast angebracht wurden) rochen, blieben sie irritiert stehen, zögerten – und suchten das Weite. Bei dem Versuch machten 25 von 29 Elefanten einen Bogen um den Socken, nachdem sie den Geruch wahrgenommen hatten.

Um sicherzugehen, dass die Elefanten vom Geruch der Pheromone und nicht bloß vom Anblick des Sockens irritiert waren, führten die Forscher das Experiment auch mit einer Konstruktion ohne Pheromone durch. Die 18 Elefanten in dieser Kontrollgruppe gingen entweder auf den geruchsneutralen Socken zu und untersuchten ihn genauer, oder sie ignorierten ihn und gingen ohne zu zögern daran vorbei.

An der in „Current Biology“ veröffentlichten Studie beteiligten sich Forscher der University of Hawaii, die südafrikanischen Elefantenschutz-Organisationen Balule Nature Reserve und Elephants Alive South Africa, sowie das kalifornische Biotech-Unternehmen ISCA, das die Pheromon-Technologie entwickelt hat.

Alternative zur Bienenstock-Methode

Ganz neu ist die Idee mit den Bienen nicht: In Kenia verwenden Bauern bereits echte Bienenstöcke, um Elefanten von ihren Feldern fernzuhalten. Das sei zwar effektiv, bei großen Anbauflächen sei es aber eine logistische Herausforderung, die vielen Bienenstöcke in Stand zu halten, so die Autoren der Studie.

Die eigens gefertigten Pheromon-Gemische könnten billiger und praktikabler sein. Wie viel sie genau kosten und ob sie damit auch für Kleinbauern erschwinglich sind, konnten die Forscher noch nicht beantworten. Die in der Studie verwendete Mischung sei ein Prototyp, die genaue Zusammensetzung der Pheromon-Mischung müsse noch optimiert und der Einsatz weiter getestet werden, so die Autoren. „Wir hoffen, dass wir die Lösung in den betreffenden Ländern flächendeckend verfügbar machen können, sobald die Forschung abgeschlossen ist“, sagte Studienleiter Mark Wright.

Bedrohte Problem-Elefanten

Im Sinne des Artenschutzes sind die Erkenntnisse jedenfalls vielversprechend. Denn wildlebende Elefanten würden von der betroffenen Bevölkerung in vielen afrikanischen Ländern zunehmend als Problem gesehen, so die Autoren. Aktuell versuchen Landwirte, die Tiere mit Hilfe von elektrischen Zäunen abzuwehren. Dennoch passiert es häufig, dass Elefanten die Zäune durchbrechen und erhebliche Schäden verursachen.

Wie Mitarbeiter von Naturreservaten feststellen, kommt es auch immer wieder vor, dass Elefanten verschwinden - die Tierschützer gehen davon aus, dass sie eingefangen oder erschossen werden. Um das in Zukunft zu verhindern, sei es wichtig, neue Lösungen zu finden. Die schonende Pheromon-Methode könnte hier Hoffnung geben, sofern sie für die betroffenen Bauern leichter verfügbar ist als bisherige Methoden. „Wir sehen die Methode als Bestandteil eines ganzheitlichen Systems, nicht als Allheilmittel“, betont Studienautor Wright.

Ob die Methode auch zur Abwehr anderer Wildtiere, wie etwa Löwen, geeignet ist, möchten die Forscher ebenfalls noch untersuchen. Das sei abhängig davon, wie häufig die jeweilige Spezies in freier Wildbahn mit Bienenangriffen konfrontiert ist. Denn die Tiere müssten lernen, die Warnzeichen einer Bienenattacke zu erkennen – was die afrikanischen Elefanten mit ihrem gut ausgebildeten Geruchssinn bereits tun.

Julia Geistberger, science.ORF.at

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