Milliarden Jahre altes Licht bestätigt Quantenspuk

Beliebig weit auseinanderliegende Teilchen, die miteinander verknüpft sind: Dieses seltsame Phänomen der Quantenmechanik wurde schon oft nachgewiesen. In einer neuen Studie aber besonders spektakulär. Dabei haben Wiener Physiker Milliarden Jahre altes Licht verwendet.

Die „spukhafte Fernwirkung“, wie Albert Einstein das Phänomen abschätzig nannte, könnte theoretisch auch klassisch, also nicht quantenphysikalisch, erklärt werden - etwa durch unbekannte Einflüsse.

So könnten etwa die miteinander verknüpften Teilchen oder die Messeinrichtungen schon vor einem Experiment beeinflusst worden sein, um dieses Ergebnis zu erzielen. Davon könnten etwa die in Verschränkungsexperimenten verwendeten Zufallszahlengeneratoren betroffen sein. Sie liefern eine zufällige Folge von Nullern und Einsern, um unvorhersehbar zwischen zwei verschiedenen Messanordnungen hin- und herzuschalten.

Zwei entgegengesetzte Quasare

Um dieses „Freie-Wahl-Schlupfloch“ zu schließen, ersannen die Physiker fantasievolle Experimente. Ein internationales Forscherteam ließ etwa mehr als 100.000 Menschen weltweit in einem Mitmach-Experiment eine zufällige Abfolge mit Nullen und Einsen eingeben, die für die Einstellung der Messgeräte herangezogen wurden. Im Vorjahr verwendeten die Wiener Physiker Licht von 600 Lichtjahre entfernten Sternen für die Messeinstellungen - eine Beeinflussung hätte also bereits vor 600 Jahren erfolgen müssen.

Nun ging ein Team um Anton Zeilinger, Quantenphysiker und Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), in Kooperation mit internationalen Kollegen noch einen Schritt weiter. Mit zwei Teleskopen auf der Kanareninsel La Palma fingen sie das Licht von zwei Quasaren ein, wie sie in den “Physical Review Letters“ berichten.

William Herschel Telescope auf La Palma

Massimo Cecconi

William Herschel Teleskop auf La Palma

Diese hell leuchtenden Kerne aktiver Galaxien liegen in zwei entgegengesetzte Richtungen im Universum rund acht bzw. zwölf Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Farbe der einzelnen Lichtteilchen, die bei der Entstehung der Quasare festgelegt wurde und zwischen rot und blau variiert, steuert die Messeinstellungen von zuvor erzeugten verschränkten Teilchen.

Keine verborgenen Einflüsse möglich

Mit dem acht bzw. zwölf Milliarden Jahre alten Licht der beiden Quasare wollten die Physiker sicherstellen, dass die Entscheidung darüber, wie die verschränkten Teilchen gemessen werden, völlig unabhängig von den Forschern und ihrer Umgebung getroffen wird.

„Das von Menschen, der Erde und fast unserer gesamten Vergangenheit völlig unabhängige Licht aus dem All ist dafür ideal geeignet“, erklärte Erstautor Dominik Rauch vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW und der Uni Wien in einer Aussendung.

Es sei das erste Mal, dass Milliarden Jahre altes Licht zum Nachweis der Quantenverschränkung genutzt wurde. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es verborgene Einflüsse gibt, die eine zur Quantenmechanik alternative Erklärung der Verschränkung liefern, liegt damit bei nahezu Null. Die Wahl der Messeinstellung hätte für unsere Versuchsanordnung lange vor der Entstehung der Erde erfolgen müssen“, sagte Zeilinger.

science.ORF.at/APA

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