Früherkennung durch Augentest

Veränderungen in der Netzhaut und im Sehnerv können auf Alzheimer hinweisen, lange bevor erste Symptome auftreten. Wie eine neue Studie zeigt, könnte die Krankheit in Zukunft durch einen einfachen Augentest erkannt werden.

Alzheimer beginnt schleichend und unbemerkt. Forscher schätzen, dass bereits zwei Jahrzehnte vor Auftreten der Symptome schädliche Ablagerungen im Gehirn entstehen. Daher wird in der Medizin schon lange nach Wegen gesucht, um die Krankheit früher festzustellen und ihren Verlauf zumindest zu verzögern, schreiben Forscher von der Washington University Medical School in der Aussendung zu ihrer neuen Studie. Zwar gibt es bereits Methoden, um das Risiko für Alzheimer zu erkennen. Diese sind jedoch invasiv - sie verletzen das Gewebe - und teuer, weshalb sie nur selten angewandt werden.

Netzhaut spiegelt Veränderungen

Die Studie ist zwar klein, gibt aber Hoffnung. Sie legt nahe, dass ein gewöhnliches Testgerät, wie es in jeder Augenarztpraxis steht, in Zukunft helfen könnte: „Wir hoffen, dass die neue Technik genutzt werden kann, um zu erkennen, bei wem sich ungewöhnliche Proteine im Gehirn ansammeln, die zur Entwicklung von Alzheimer führen können“, so Studienautorin Bliss O’Bryhim.

Co-Autor Rajendra Apte ergänzt: „Das zentrale Nervensystem und die Netzhaut sind so sehr miteinander verbunden, dass Veränderungen im Gehirn in den Netzhautzellen reflektiert werden könnten.“ Schon in früheren Studien wurden Veränderungen in den Augen von Alzheimer-Patienten festgestellt: Diese zeigten Zeichen von Ausdünnung im Zentrum der Netzhaut und eines Abbaus des Sehnervs. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die neue Technik, bei der auch die Anzahl roter Blutzellen in der Netzhaut erfasst wird.

Frühzeitige Therapie

Für die im „Journal of the American Medical Association“ publizierte Studie haben die Forscher die Augen von 30 Teilnehmern eines Alzheimerforschungs-Projekts untersucht. Die Mitte 70-jährigen Probanden zeigten keine klinischen Demenzsymptome, ihr Alzheimer-Risiko war vorab durch die Entnahme von Rückenmarksflüssigkeit getestet worden.

Gut die Hälfte der Teilnehmer hatte erhöhte Werte der Alzheimer-relevanten Proteine Amyloid oder Tau und damit eine hohe Wahrscheinlichkeit, Alzheimer zu entwickeln. Der Rest hatte normale Werte und bildete die Kontrollgruppe. „Bei allen Patienten mit erhöhten Amyloid- oder Tau-Werten haben wir eine signifikante Ausdünnung im Zentrum der Netzhaut festgestellt“, so Rajendra Apte. Bei den Patienten ohne Alzheimer-Hinweise waren hingegen keine Veränderungen der Netzhaut erkennbar.

„Wenn wir mit dem Augentest den Beginn der Krankheit erkennen können, kann es eines Tages möglich sein, rechtzeig mit der Therapie zu beginnen, um weitere Zerstörungen im Gehirn zu verzögern,“ so Co-Autor Gregory van Stavern. Bis dahin seien aber noch weitere Studien mit mehr Patienten notwendig.

Julia Geistberger, science.ORF.at

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