Elektrische Zahnbürste und Physik

Physik verständlich erklären, so lautet James Kakalios’ Mission. Zum dritten Mal ist er dieses Jahr beim Europäischen Forum Alpbach. Im Gepäck hat er Erklärungen für alltägliche Dinge: etwa elektrische Zahnbürsten, Smartphonedisplays und Toaster.

An der University of Minnesota forscht James Kakalios zu Halbleitern und granularer Materie. In seiner Freizeit schreibt der leidenschaftliche Physiker jedoch populärwissenschaftliche Bücher. Nach der „Physik der Superhelden“ und dem Buch „Die wundersame Welt der Quantenmechanik“ beschäftigt er sich aktuell mit der Physik von Alltagsgegenständen.

Physik ist keine Esoterik

„In den Wissenschaftsnachrichten wird von diesen verblüffenden und fantastischen Dingen berichtet“, sagt James Kakalios und erzählt von der Entdeckung der Gravitationswellen und dem Nachweis des Higgs-Teilchen. Diese Errungenschaften hätten all die Aufmerksamkeit und die Nobelpreise verdient, die sie erhalten haben. „Aber wenn Menschen nur diese Dinge hören, dann wirkt das fast esoterisch auf sie. Dann hat Physik keinen Bezug zu ihrem Alltag.“

Porträtfoto des Physikers James Kakalios

Hans Leitner, ORF

James Kakalios sprach am Samstag 25.08., bei den Alpbacher Technologiegesprächen über „Die Physik der alltäglichen Dinge“.

In seinem aktuellen Buch, „Physik der alltäglichen Dinge“, erklärt James Kakalios, wie Dinge funktionieren, die wir tagtäglich verwenden, wie etwa die elektrische Zahnbürste, das Smartphone-Display oder der Toaster. Aufgefallen sei ihm, dass es ein paar physikalische „Basisgesetze“ gibt, auf die man im Alltag immer wieder stößt. Beispielsweise den Energieerhaltungssatz oder das Faradaysche Gesetz.

Dieses Prinzip dient nicht nur zur Ladung elektrischer Zahnbürsten, sondern man findet es auch in Magnetkarten, wie sie in manchen Städten für die U-Bahn oder in Hotels gebräuchlich sind. „Wenn man das nicht weiß, dann muss man ja denken, dass Hotelzimmer sich von Geisterhand öffnen.“

Wissenschaft versus Ansichtssache

„Wir mögen die Zuverlässigkeit der Physik, wenn es um unser Smartphone oder um unser Auto geht“, sagt James Kakalios. „Physik verändert sich nicht von heute auf morgen. Sie funktioniert immer – auch wenn sie nicht immer politisch oder ökonomisch erwünscht ist.“ So sind Kohlenstoff und Silizium aus chemischer Sicht zwei sehr ähnliche Elemente. Siliziumdioxid kommt bei der Herstellung von Glas zum Einsatz. Es hilft, die Wärme im Raum zu halten. Eine ähnliche Funktion erfüllt Kohlendioxid in der Atmosphäre. „Wenn es in deinem Haus funktioniert, dann funktioniert es auch in der Atmosphäre.“

Technologiegespräche Alpbach

Von 23. bis 25. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion.

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Wissenschaft sei keine Ansichtssache, betont der Physikprofessor. Gerade in Bezug auf den Klimawandel gebe es immer wieder Personen, die diesen abstreiten. „Natur funktioniert so, wie sie funktioniert. Auch wenn wir das ignorieren, werden die Naturgesetze weiter wirksam sein.“

Glaube bedeutet, etwas für wahr zu halten, auch wenn es dafür keine Beweise gibt. Viele Fragen könne die Wissenschaft noch nicht restlos beantworten, doch James Kakalios ist überzeugt, dass es auch auf diese Fragen auf Vernunft basierte, also wissenschaftliche Antworten gibt. „Das ist sozusagen mein Glaube, meine Religion“, meint der Physiker verschmitzt.

Porträtfoto des Physikers James Kakalios

Hans Leitner, ORF

James Kakalios in Alpbach

Eine emanzipierte Bürgerschaft

Mit seinem Buch „Die Physik der alltägliche Dinge“ will James Kakalios einen Beitrag zur Emanzipation leisten. Wissenschaft und Technik würden immer stärker in unserem Alltag Fuß fassen und eingreifen. Mehr naturwissenschaftliche Bildung sei daher dringend notwendig, damit Menschen als emanzipierte Bürgerinnen und Bürger an Debatten über Klimawandel, Gentechnik oder Impfpflicht teilnehmen können.

„Mir geht es nicht darum, dass meine Leserinnen und Leser Wissenschaftler oder Ingenieure werden. Die meisten von Ihnen werden eine andere Karriere einschlagen. Aber alle sind Wählerinnen und Wähler und daher gefordert, sich auch über wissenschaftliche und technische Themen eine Meinung zu bilden.“

Juliane Nagiller aus Alpbach, Ö1-Wissenschaft

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