Zerfall des Higgs-Teilchens beobachtet

Sechs Jahre nach seiner Entdeckung haben Forscher den Zerfall des Higgs-Teilchens zu sogenannten Bottom-Quarks beobachtet. Nach diesem Nachweis hatten sie schon lange gesucht.

Der Nachweis des Higgs-Bosons vor sechs Jahren war eine Sensation, lieferte es doch eine Bestätigung für die Theorie, dass dieses Teilchen allen anderen Elementarteilchen Masse verleiht. Dem Modell zufolge erhalten die Elementarteilchen ihre Masse durch die Wechselwirkung mit einem Higgs-Feld, das das ganze Universum durchzieht.

Schematische Darstellung des Zerfalls

ATLAS/CERN

Schematische Darstellung des Zerfalls

Eine weitere Bestätigung für diese Theorie liefern nun unabhängig voneinander die Forschungsteams des Atlas- und des CMS-Experiments am Large Hadron Collider (LHC) am CERN. Es sei ihnen geglückt, den Zerfall des Higgs-Bosons zu sogenannten Bottom-Quarks zu beobachten.

Kollisionen bei hohen Energien

Quarks sind Grundbausteine der Materie und kommen in sechs „Geschmacksrichtungen“ (engl. „Flavours“) vor: Up-, Down-, Charm-, Strange-, Top- und Bottom-Quark. Das Bottom-Quark ist der zweitschwerste der sechs Quark-Typen. Gemäß dem Standardmodell der Teilchenphysik müsste das Higgs-Boson in 60 Prozent der Fälle zu einem Paar Bottom-Quarks zerfallen. Allerdings war das extrem schwierig nachzuweisen, weil Bottom-Quarks auch auf andere Art und Weise bei Teilchenkollisionen entstehen können.

Die echten Signale in diesem Grundrauschen - und damit die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen - zu identifizieren, erforderte Kollisionen bei hohen Energien (7, 8 und 13 Teravolt) und komplexe Analysemethoden, die auch lernende Algorithmen umfassten, teilte das CERN am Dienstag mit. „Diese Beobachtung ist ein Meilenstein in der Erforschung des Higgs-Bosons“, sagt Karl Jakobs, Sprecher des Atlas-Forschungsteams.

Suchen nach unentdeckten Phänomenen

Die Forscher am CERN fühlen dem Higgs-Teilchen deshalb so genau auf den Zahn, weil sie hoffen, damit eine Physik jenseits des Standardmodells zu entdecken. Dieses mathematische Modell beschreibt einen Teil des Universums mit seinen Teilchen und Kräften sehr gut. „Kleinste Abweichungen könnten aber eindeutige Hinweise für bisher unentdeckte Physikphänomene liefern“, sagt Jochen Schieck, Direktor des Instituts für Hochenergiephysiker der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Mitglied der CMS-Forschungsteams, gegenüber der APA.

Bisher wurde das Standardmodell immer wieder in Experimenten bestätigt - auch im aktuellen Fall durch den Nachweis des Zerfalls des Higgs-Bosons zu Bottom-Quarks. „Die derzeitige Genauigkeit der Messungen lässt allerdings noch Raum für mögliche Beiträge von Prozessen, die im Standardmodell nicht vorgesehen sind“, so Schieck. Noch bessere Präzisionsmessungen, die auch am Institut für Hochenergiephysik entwickelt werden, sollen hier Klarheit schaffen.

science.ORF.at/APA/sda

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