Schutzgebiete: Vielfalt, nicht Größe entscheidend

Allein die Größe macht aus einem Naturschutzgebiet noch kein gutes. Auch „Wildheit“ ist nicht immer ein geeignetes Kriterium. Eine aktuelle Analyse zeigt: Vorrangig sollten Regionen mit hoher Biodiversität geschützt werden.

Derzeit sind rund 13 Prozent der eisfreien Landoberfläche weltweit als Schutzgebiete ausgewiesen. Nationale Regierungen bevorzugen dabei Regionen, die ‚wild‘ sind, also in der Regel abgelegen, kalt oder trocken. Manche Biologen fordern, die Schutzzonen auf die Hälfte der Fläche auszuweiten (Stichwort „Half Earth“). Was aber würde es für den Tierschutz bedeuten, wenn diejenige Hälfte der eisfreien Landoberfläche, die am wenigsten durch den Menschen beeinflusst wird - also möglichst „wild“ ist, unter Naturschutz gestellt würde?

Goldenes Löwenäffchen //Leontopithecus rosalia//

Stuart Pimm

Goldenes Löwenäffchen Leontopithecus rosalia

Um diese Frage zu beantworten, verglichen die Forscher um Stuart Pimm von der Duke University in Durham die Verbreitungsgebiete von 5.311 Landsäugetieren, 10.079 Vögeln und 6.397 Amphibien mit den wenig berührten Regionen. Das Ergebnis: Mit der Ausweitung der Schutzzonen auf solche „Wildgebiete“ würden weniger Tiere geschützt als wenn man die Naturschutzgebiete zufällig über die Landoberfläche verteilen würden. „Im Allgemeinen unterstützt nur die Wildnis tropischer Feuchtwälder eine lokale hohe Diversität“, berichten die Forscher.

Für manche passt der Zuschnitt

Überrascht waren die Wissenschaftler von einem Ergebnis, das die am meisten gefährdeten Arten der untersuchten Tiere betrifft, nämlich die mit einem sehr kleinen Verbreitungsgebiet: Sie sind durch den aktuellen Zuschnitt der Naturschutzgebiete deutlich besser geschützt als bei einer zufälligen Verteilung der Schutzgebiete. Allerdings ist die Anzahl der Arten, von deren Verbreitungsgebiet weniger als ein Quadratkilometer geschützt ist, verhältnismäßig hoch: sechs Prozent der Säugetiere, drei Prozent der Vögel und 18 Prozent der Amphibien.

Antioquia-Andenkolibri //Coeligena orina//

Luis Mazariegos

Antioquia-Andenkolibri Coeligena orina

Recht gut hat es das Goldene Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia): Es hat im Südosten Brasiliens ein Verbreitungsgebiet von etwa 4.000 Quadratkilometern, von denen etwa 1.300 Quadratkilometer - also etwa ein Drittel - geschützt sind. Der Grünmusketier oder Antioquia-Andenkolibri (Coeligena orina) ist nur auf einer Fläche von 25 Quadratkilometern im Nordwesten Südamerikas zu Hause - doch mehr als die Hälfte liegt in Schutzgebieten. Deutlich größer ist das Verbreitungsgebiet der Goldstumpfnase (Rhinopithecus roxellana): Die Affenart bewohnt 300.000 Quadratkilometer im gebirgigen zentralen China, von denen aber nur 40.000 (13 Prozent) in Schutzzonen liegen.

science.ORF.at/APA/dpa

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