Die 160 Barrikaden der Revolution
„Die Revolution von 1848 ist in unserem historischen Gedächtnis kaum oder nur mehr peripher vorhanden, obwohl sie den Beginn unserer demokratischen Gesellschaft darstellt“, sagt die Kuratorin Michaela Maier vom Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung gegenüber science.ORF.at. „Die vergessene Revolution“ heißt dementsprechend die Ausstellung, die Montagabend passenderweise um 18.48 Uhr im Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse eröffnet werden soll.
Mit Smartphone auf Barrikadenspaziergang
Von Paris ausgehend sprang der Revolutionsfunke vor 170 Jahren auf fast ganz Europa über – auch auf Wien. Neue soziale, liberale und nationale Ideen sorgten für das Feuer, das Metternich und den Kaiser – zumindest kurzfristig - vertrieb. Die Revolutionäre errichteten dabei im Mai 160 Barrikaden in der Innenstadt, dann nochmals im Oktober.
VGA/Sammlung Steiner/AKOÖ
Für die Ausstellung wurde ein historischer Barrikadenplan in die Gegenwart transferiert. „Wir haben einige dieser Orte, wo sich Barrikaden befanden, aufgesucht und erneut fotografiert“, erklärt der Kunsthistoriker und wissenschaftliche Mitarbeiter Georg Vasold. „Wer heute einen ‚Barrikadenspaziergang‘ macht, kann mit einem Smartphone einen vor Ort befindlichen QR-Code einlesen und sieht zuerst den stadttopografischen Zustand von 1848 und dann den aktuellen Istzustand – denn das Bild am Smartphone wechselt.“
Ö1-Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 3.9., 13:55 Uhr.
Die historischen Darstellungen seien sehr aufschlussreich, sagt Kuratorin Maier: „Nahezu auf jeder sind Frauen abgebildet, Bürgerinnen, aber auch Arbeiterinnen. Sie versorgen die Demonstranten oder aber kämpfen mit Schaufeln und Gewehren.“ Zu sehen sind Teile davon auch in einer Onlinevariante.
VGA/Sammlung Steiner/AKOÖ
Auch Nestroy dabei
Der Barrikadenplan stammt aus der Sammlung Herbert Steiners, des 2001 verstorbenen Gründers des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes. Erstmals wird in der Ausstellung eine Auswahl dieses Bestandes öffentlich präsentiert.
Er beinhaltet auch viele Karikaturen – etwa Metternich mit langer Nase – sowie Bilder des weitgehend vergessenen Malers Anton Zampis. In der Ausstellung werden auch ein paar Blätter von Zampis gezeigt, für die Johann Nestroy passende Dialoge geschrieben hat. „Von dieser Zusammenarbeit wussten nur ein paar Nestroy-Forscher, den Kunsthistorikern blieb das bisher verborgen. Insofern liefert die Ausstellung auch eine kunsthistorische Neuigkeit“, so Vasold.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at