Ein Drittel aller Krebsfälle wäre vermeidbar

Mehr als ein Drittel aller Krebsfälle wären vermeidbar - zu diesem Schluss kommen Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums. Denn viele Krebserkrankungen gehen auf das Konto von Risikofaktoren, die Menschen selbst beeinflussen können.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums wollten genau beziffern, wie viele Krebserkrankungen auf Risikofaktoren wie Rauchen, ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung oder Umweltfaktoren zurückzuführen sind. Sie haben 440.000 Krebsfälle bei Personen im Alter von 35 und 84 Jahren im Lauf eines Jahres berücksichtigt, deren Ursachen als gesichert gelten. Die Gesamtzahl der Krebserkrankungen in Deutschland wird vom Zentrum für Krebsregisterdaten für das Jahr 2017 auf 476.000 geschätzt.

Rauchen: größtes, vermeidbares Risiko

In drei Studien, die im Deutschen Ärzteblatt erschienen sind, zeigen, dass 165.000, also rund 37 Prozent der Krebsfälle, vermeidbar wären. Als größten Risikofaktor haben die Forscherinnen und Forscher das Rauchen identifiziert: 19 Prozent aller Krebsfälle in Deutschland stehen demnach in Verbindung mit Tabakkonsum.

Eine Relation, die sich auch auf Österreich umlegen lasse, sagt der Lungenfacharzt Peter Schenk, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. „Man muss davon ausgehen, dass es bei uns mindestens 19 Prozent sind, wenn die Zahl für Österreich nicht sogar höher ist aufgrund der schlechteren Tabakkontrolle verglichen mit Deutschland“, so Schenk.

Auf Österreich umgelegt heißt das, mindestens 8.500 Krebsfälle wären auf Tabakkonsum zurückzuführen und demnach vermeidbar. Eine Zahl, die wesentlich niedriger sein könnte, wie andere Länder mit effektiverer Raucher-Prävention zeigen würden, betont Schenk.

Risiken bereits im Kindesalter

Neben dem Rauchen zählen auch ungesunde Ernährungsgewohnheiten (mit 7,8 Prozent), Übergewicht (mit 6,9 Prozent) und Bewegungsmangel (mit 6,1 Prozent) zu den größten Risiken für eine Krebserkrankung. Risikofaktoren, die bereits im Kindesalter eine Rolle spielen und deswegen staatliche Präventionsprogramme notwendig machen, so die Forderung der Studienautoren.

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Sie zählen auch Infektionen, hohen Alkoholkonsum und Umweltfaktoren wie Feinstaub oder den Besuch von Solarien zu den vermeidbaren Risikofaktoren. Gäbe es in allen diesen Bereichen wirksame Prävention, könnten dem deutschen Modell folgend, 16.500 Krebsfälle in Österreich pro Jahr verhindert werden.

Vorbeugen und Verhaltensmuster ändern

Präventionsprogramme seien zwar wünschenswert, sagt Eva Schernhammer, Leiterin der Abteilung für Epidemiologie der Medizinischen Universität Wien. Doch die Medizinerin sieht hier nicht nur Verantwortung bei der Politik, sondern vor allem bei den Menschen selbst. „Wie man Menschen dazu motiviert, das zu tun, was für sie gesund ist, können wir noch nicht beantworten“, so Schernhammer. Da gehe es auch um Verhaltensmuster und wie man die verändern könne.

Das Studienergebnis, dass etwa ein Drittel der Krebserkrankungen durch Prävention verhindert werden könnten, hält Schernhammer auf jeden Fall für plausibel. Das entspreche auch anderen internationalen Studienergebnissen. Genaue Zahlen für Österreich liegen jedoch bis dato noch nicht vor.

Prozentsatz könnte noch höher sein

Ute Mons und Gerhard Brenner, die die Studien mit verfasst haben, gehen davon aus, dass die 37 Prozent vermeidbarer Krebsfälle eine niedrige Schätzung seien. In einer Pressemitteilung erklären sie, dass bei vielen Krebsarten die Zusammenhänge mit einzelnen Risikofaktoren noch nicht endgültig geklärt seien und deswegen nicht in die Berechnung einfließen konnten.

Andere Risikofaktoren, wie natürliche UV-Strahlung, konnten ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Dazu gebe es nicht ausreichend Daten. Das Ergebnis könnte noch höher sein, wenn man das Potenzial von Früherkennungsmaßnahmen, etwa von Darmspiegelungen, berücksichtigen würde. Dann liege man sogar bei 50 Prozent vermeidbarer Krebserkrankungen.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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