Seit zehn Jahren lässt es der LHC krachen

Am 10. September 2008 wurde am Kernforschungszentrum CERN in Genf der Large Hadron Collider (LHC) in Betrieb genommen. Der weltgrößte Teilchenbeschleuniger liefert seither immer wieder bahnbrechende Entdeckungen.

Am spektakulärsten war jene des Higgs-Teilchens 2012. Die Existenz dieses Teilchens, das Materie ihre Masse verleiht, hatten knapp ein halbes Jahrhundert zuvor der Brite Peter Higgs und der Belgier Francois Englert vorausgesagt. Der Nachweis gelang erst am LHC, beide Physiker erhielten daraufhin 2013 den Physiknobelpreis.

Weltgrößter Kühlschrank

Bis zu 150 Meter tief, im Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich, erstreckt sich der kreisrunde LHC-Tunnel vom Genfer See bis zum französischen Jura. Mit einem Umfang von 27 Kilometern ist der drei Milliarden Euro teure Beschleuniger nach CERN-Angaben die größte Maschine, die Menschen je gebaut haben.

In ihrem Inneren sind über 9.300 Magnete untergebracht. Der LHC ist auch der größte Kühlschrank der Welt, denn alle Magneten werden mit über 10.000 Tonnen flüssigem Stickstoff und etwa 60 Tonnen flüssigem Helium auf minus 271,3 Grad Celsius – knapp über dem absoluten Nullpunkt - heruntergekühlt.

CERN-Video zu „Zehn Jahre LHC“

Was Physiker, Ingenieure und Techniker darin veranstalten, ist nichts anderes als die Inszenierung des Urknalls. Im LHC-Vakuum, das dem des Weltalls gleicht, werden Milliarden von Protonen oder Blei-Ionen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aufeinander losgejagt. Zwei Teilchenstrahlen prallen mit einer Energie von mehreren Tera-Elektronenvolt (TeV) aufeinander.

Dabei entstehen pro Sekunde bis zu einer Milliarde Kollisionen – und durch sie ein Regen von Folgeteilchen. Physiker analysieren sie mit vier Detektoren von der Größe mehrstöckiger Häuser. Dabei werten sie mehrere Millionen „Unfallbilder“ pro Sekunde aus.

Beteiligung Österreichs

Es sind gewaltige Geräte, die für den Nachweis der Teilchen gebaut wurden: CMS (Compact Muon Solenoid) etwa ist 21 Meter lang, hat 16 Meter im Durchmesser und wiegt 12.500 Tonnen. Für das Experiment wurde eine flugzeughangargroße unterirdische Kaverne ausgehoben. Mehr als 2.000 Personen aus rund 180 wissenschaftlichen Instituten aus 38 Ländern waren und sind an seiner Entwicklung, seinem Bau und Betrieb beteiligt.

An diesem Experiment wirken maßgeblich Wissenschaftler des Instituts für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit, während am ähnlich imposanten ATLAS-Detektor Forscher des Instituts für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck beteiligt sind.

Techniker arbeitet unterirdisch am Teilchenbeschleuniger LHC

CERN/Maximilien Brice, Julien Marius Ordan

Renovierungsarbeiten in der Röhre

Betriebspause, dann noch mehr Energie

Am 10. September 2008 kreiste am LHC zum ersten Mal ein Protonenstrahl. Noch im gleichen Jahr verzögerte ein Unfall den Beginn der Forschungen, erst ein Jahr später wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Später wurde die Energiemenge der Strahlen erhöht, sodass im März 2010 Teilchen erstmals mit einer Energie von sieben TeV zusammenprallten. Nach dem Nachweis des Higgs-Teilchens 2012 legte der LHC eine längere Betriebspause ein. Seit Februar 2013 sind Kollisionen mit einer deutlich höheren Energiemenge von 13 TeV möglich.

Der Teilchenbeschleuniger soll noch mindestens 20 Jahre laufen, Ende 2018 ist aber einmal eine lange geplante technische Betriebspause notwendig. In dieser Zeit werden einige der Detektoren modernisiert und die Kollisionsenergie soll auf 14 TeV erhöht werden – danach sind weitere spektakuläre Erkenntnisse zu dunkler Materie und verborgenen Dimensionen zu erwarten.

science.ORF.at/APA/dpa

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