Wie man zwischen Sprachen wechselt

Was passiert im Hirn, wenn wir zwischen verschiedenen Sprachen wechseln? Forscherinnen der New York University haben gezeigt: Wir „schalten“ die anderen Sprachen aus – und das erfordert mehr Aufwand, als eine neue Sprache zu aktivieren.

„Es ist bemerkenswert, wie schnell und akkurat mehrsprachige Personen zwischen ihren verschiedenen Sprachen hin- und herwechseln können“, erklärt Esti Blanco-Elorrieta, Hauptautorin der neuen Studie, ihre Faszination für das Forschungsgebiet. „Unsere Ergebnisse helfen zu verstehen, was bei Mehrsprachigkeit im Gehirn abläuft.“

Wie frühere Studien zeigen, sind beim Wechseln zwischen Sprachen jene Regionen im Hirn besonders aktiv, die für die kognitive Kontrolle zuständig sind. Diese braucht man, um verschiedene Handlungen zu koordinieren. Etwa, wenn man gerade eine Nachricht am Handy tippt und dann auf eine Frage reagiert, die eine anwesende Person stellt, so Blanco-Ellorieta gegenüber science.ORF.at.

Bisher sei aber nicht klar gewesen, ob das „Einschalten“ der einen oder das „Ausschalten“ der anderen Sprache für die erhöhte Aktivität verantwortlich ist, weil diese beiden Prozesse meistens gleichzeitig ablaufen.

Für die aktuelle Studie haben die Neuropsychologinnen daher bilinguale Probanden untersucht, die sowohl Englisch als auch die amerikanische Gebärdensprache beherrschen. Denn diese verständigen sich oft parallel in beiden Sprachen. Dadurch konnten die Forscherinnen beobachten, was passiert, wenn sie die Teilnehmer auffordern, nur eine der beiden Sprachen zu verwenden.

Die 21 Studienteilnehmer sind bilingual aufgewachsen – sie alle haben gehörlose Eltern, mit denen sie sich in Gebärdensprache verständigt haben, Englisch haben sie außerhalb des Elternhauses gelernt, so Blanco-Elorrieta.

Aufhören ist schwieriger als anfangen

Mittels Magnetoenzephalographie wurde die Gehirnaktivität der Probanden während des Hin- und Herspringens zwischen den beiden Sprachen gemessen. Die Daten zeigen: Eine Sprache „auszuschalten“, also von beiden Sprachen auf eine zu wechseln, führt zu einer erhöhten Aktivität im präfrontalen und im anterioren cingulären Kortex.

Wird hingegen eine zusätzliche Sprache „eingeschaltet“, also von einer auf beide Sprachen gewechselt, wird diese Gehirnregion nicht besonders aktiviert. Eine Sprache nicht zu verwenden erfordert also laut Studie mehr kognitiven Aufwand, als eine Sprache „einzuschalten“ - letzteres geht demnach wie von selbst.

„Die Schwierigkeit beim Wechseln zwischen Sprachen liegt darin, sich von der vorherigen Sprache zu lösen und nicht darin, die neue zu aktivieren“, fasst Blanco-Elorrieta zusammen. Sie vermutet, dass das auch gilt, wenn man zwischen zwei gesprochenen Sprachen wechselt.

Julia Geistberger, science.ORF.at

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