Wie der Schnupfen sein Opfer findet

Ist es draußen kühl und regnerisch, lässt der Schnupfen nicht lange auf sich warten. Forscher haben herausgefunden, warum manche Menschen besonders anfällig für Verkühlungen sind: Die Erreger nutzen Umweltstress als Einfallstor in den Körper.

Das einzig Gute, das man dem Schnupfen nachsagen könnte, ist, dass er Christian Morgenstern einst zu einem netten Gedicht inspiriert hat. Da wird der Erreger zum Homunculus, der da „hockt auf der Terrasse, auf dass er sich ein Opfer fasse“. Unter welchen Umständen er es zu fassen kriegt, ließ Morgenstern freilich offen, schließlich war er Dichter und nicht Mediziner. Und selbst wenn er beides gewesen wäre, hätte er noch nicht die Methoden zur Hand gehabt, um darauf eine Antwort zu geben.

Im Fachblatt „Cell Reports“ ist eine solche nun nachzulesen: Wissenschaftler der Yale University haben kürzlich die Infektionswege der Rhinoviren (also den Auslösern von Erkältungen, Asthma und Atemwegserkrankungen) unter die Lupe genommen. Die erste und entscheidende Infektionsbarriere sind die sogenannten Epithelien der Atemwege und Lungen. Diese Zellen versperren den Viren nicht nur den Weg in den Körper, sie besitzen auch ein Erkennungs- und Abwehrsystem namens RIG-I, mit dem sie die Erreger ausschalten. Soweit, so bekannt.

Löchrige Barriere in Nase und Lunge

Das Team um die Virologin Ellen Foxman setzte in ihren Versuchen Epithelzellen nebst Viren auch anderen Stressfaktoren aus, Zigarettenrauch etwa. Wie die Forscher in ihrer Studie schreiben, reagierten die Epithelzellen je nach Lage durchaus unterschiedlich. Jene aus der Lunge konnten den schädlichen Rauch gut neutralisieren, scheiterten jedoch streckenweise bei der Abwehr der Viren. Bei den Zellen aus der Nase war es genau umgekehrt.

Schluss der Forscher: Die Epithelzellen sind zu einem Kompromiss genötigt, beides gleichzeitig geht offenbar nicht auf optimalem Niveau. „Wenn die Atemwege mit einem zusätzlichen Stressfaktor belastet werden, können sie sich anpassen“, sagt Foxman. „Allerdings mit dem Nachteil, dass die Anfälligkeit für Infektionen steigt.“

Der Befund deckt sich durchaus mit der Alltagserfahrung. Bekanntlich ist der Schnupfen bei der Suche nach einem Opfer nicht immer erfolgreich, aber er ist es besonders dann, wenn sein Wirt geschwächt ist. Das ist etwa bei Rauchern der Fall, wie Statistiken beweisen: Sie sind anfälliger für Rhinovirus-Infektionen als der Rest der Bevölkerung.

Robert Czepel, science.ORF.at

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