Ein Stofftier lernt laufen

US-Forscher haben ein Stofftier mit wenigen Handgriffen in einen Roboter verwandelt. Möglich macht das ein bewegliches Außenskelett: Von der biegsamen Roboterhaut könnten auch Menschen profitieren.

Meist stellt man sich Roboter metallisch-hart und auf einige wenige Aufgaben oder Bewegungen spezialisiert vor. Seit einigen Jahren aber gibt es eine leise Revolution durch die Softrobotik. Neue weiche, form- und tragbare Materialien machen es möglich, Roboterfähigkeiten in allen möglichen Umgebungen einzusetzen, auch dort, wo ein unflexibler Roboter nutzlos wäre.

Weiche Außenhaut simuliert Muskel

In einer aktuellen Studie präsentiert das Team um Rebecca Kramer-Bottiglio und Joran Booth vom „Faboratory“ der Yale Universität nun einen neuen besonders vielseitigen Prototypen aus der Softrobotik: eine programmierbare Außenhaut. Die neu entwickelte „OmniSkin“ ist zwar nicht wirklich so dünn wie Haut, das Material ist aber biegsam und leicht. Wie eine Manschette lässt es sich um Dinge in allen Größen legen, und macht so aus allem, was darunter liegt, einen Roboter.

Video: Stofftier lernt laufen

Drei Ausführungen werden in der Studie vorgestellt: eine mit eingebetteten pneumatischen Muskeln („McKibben-Muskel“), einmal in rechteckiger und einmal in dreieckiger Form sowie eine weitere mit Formgedächtnislegierungen - auch bekannt als „Memorymetalle“, die sich früher eingenommene Formen sozusagen merken können. Außerdem enthält die „OmniSkin“ einen Lichtsensor, mit dessen Hilfe man die neugeschaffenen Roboter zum Beispiel lenken kann.

Vielseitig einsetzbar

Das Team aus Yale konnte damit verschiedenste Bewegungsmuster initiieren: z.B. ein schlangenartiges Kriechen, ein der Peristaltik innerer Organe ähnliches Zusammenziehen oder auch seitliche Bewegungen. Dabei wirkt selbst ein Stoffpony so, als könnte es gehen lernen.

Video der Forscher

Für die Robotikforschung selbst dürfte interessant sein, dass man damit blitzschnell neue Varianten herstellen kann; z.B. lassen sich verschiedene Greifmechanismen rascher ausprobieren. Die „OmniSkins“ kann man außerdem modular kombinieren. So können sie kompliziertere Roboterfiguren zum Leben erwecken.

Nicht alltagstauglich

Nun sollen die Prototypen noch besser und alltagstauglicher werden. Über bis zu vier eingebaute Sensoren kann man zum Beispiel Eigenschaften des Materials erkennen und vorhersagen, wie sich ein Objekt verformen lässt. In Zukunft könnte man noch mehr Sensoren einbauen.

Die Studie

„OmniSkins: Robotic skins that turn inanimate objects into multifunctional robots“, Science Advances, 19.9.2018

Eine Roboterhaut, die selbst die Beschaffenheit und Starrheit des „Wirtskörpers“ einschätzen kann und sich entsprechend anpasst, ist ein mögliches Ziel der Forscherinnen und Forscher. Denn vom Stofftier bis zur Plastikflasche ließe sich vieles Verformbare „robotifizieren“, hätte aber sehr unterschiedliche Materialeigenschaften. Es wird aber noch einige Zeit dauern, bis Allzweck-Robotikhäute wie Schweizer Taschenmesser erhältlich sind.

Softrobotik auch in der Medizin denkbar

Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet könnten „OmniSkins“ in der Medizin und Gesundheitsvorsorge finden. Das Team präsentiert auch einen Prototypen, der die Haltung eines Menschen überprüfen kann. Auch eine Unterstützung von Menschen, die Probleme beim Gehen oder mit bestimmten Bewegungen haben, sei denkbar.

Video: Roboterhaut korrgiert Haltung

Der große Vorteil der Softrobotik jedenfalls sei die Vielseitigkeit und Anpassbarkeit. Laut den Forschern sind „OmniSkins“ ein weiterer Schritt dahin, das Image des Roboters neu zu zeichnen: weg von der spezialisierten Arbeitsmaschine hin zum Alltagsgegenstand, so nah an uns wie Kleidung und Werkzeug.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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