Alzheimer: Videospielen für die Forschung

Eine Stunde haben die Teams aus Österreich, Nigeria oder Australien Zeit, um so viele Mäuse-Gehirnscans wie möglich zu analysieren. Damit untersucht man einen möglichen neuen Therapieansatz bei Alzheimer. Der für alle offene Bewerb startet heute um 19 Uhr.

Das Spiel läuft über den Computer sowie am Handy - für Android-Handys gibt es auch eine App. Aufgabe ist es, die aufgezeichneten Mäuse-Hirnscans nach blockierten Blutkapillaren abzusuchen - im Englischen „stalls“ genannt. Diese erkennt man auf den Videos dadurch, dass eine kleine Stelle in der angezeigten Kapillare immer schwarz bleibt - also kein Blut durchfließt. „Am Anfang sind die Bilder eher einfach, je besser der Spieler, desto kniffliger werden die Scans“, erklärt der Erfinder des Spiels, Pietro Michelucci, vom Human Computation Institute in Ithaka, USA.

Verstopfungen auflösen

Wie Studien zu Alzheimer in den vergangenen Jahren zeigten, haben Alzheimerpatienten mehr solche verstopften Blutkapillaren als gesunde Menschen. Das wiederum verlangsamt ihre Hirndurchblutung um bis zu 30 Prozent, erläutert Michelucci. Schafft man es, die verstopften Gefäße zu befreien und das Blut wieder zum Fließen zu bringen, kommen auch kognitive Fähigkeiten wie die Erinnerung wieder - das zeigten bereits frühere Mäusestudien der Cornell Universität.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmete sich auch „Wissen aktuell“ um 13:55 am 21.9.

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Dasselbe Forschungsteam möchte nun herausfinden, wie man die Verstopfungen gezielt auflösen könnte. Hierfür haben die Neurowissenschaftler den Mäusen einen Wirkstoff verabreicht, der das NOX2-Enzym blockiert, welches in Entzündungsstellen vorkommt. Ob die Anzahl der Blockaden dadurch tatsächlich zurückgeht, sollen nun die Bürgerwissenschaftler herausfinden. „Kommt am Ende heraus, dass die Testgruppe tatsächlich weniger blockierte Gefäße hat, bedeutet das aber nicht, dass man diese Substanz gleich einsetzen kann. Es würde die Forscher aber einen großen Schritt weiter bringen, um die entscheidenden Mechanismen besser zu verstehen und darauf aufbauend eine Therapie zu entwickeln“, so Michelucci.

Spieler gesucht

Im Labor würde es übrigens ein Jahr dauern, bis die Wissenschaftler alle Scans analysiert haben. Mithilfe der mittlerweile fast 11.000 registrierten Bürgerwissenschaftler kann die Forschungsgeschwindigkeit mehr als verdreifacht werden. „Unser Ziel ist es, zehn Mal so schnell wie das Labor zu sein und die Arbeit in wenigen Wochen zu erledigen.“ Dafür bräuchte es aber noch mehr Spieler.

Registrieren kann man sich jetzt via Catchathon.com - das Rennen startet in Österreich heute um 19 Uhr. Gespielt werden kann aber grundsätzlich das ganze Jahr über stallcatchers.com oder via App - eine Altersbeschränkung gibt es nicht. „Im Grunde kann man nichts falsch machen. Selbst wenn man einen Scan nicht richtig interpretiert, kann man auf die ‚Weisheit der Masse‘ vertrauen. Wir sammeln genug Antworten zu einem Beispiel, damit wir die notwendige Genauigkeit garantieren können.“

In Österreich hat sich außerhalb des internationalen Wettbewerbs auch schon eine Gruppe von rund 50 Teilnehmern zusammengefunden, die Stall Catchers am Vormittag gespielt hat. In einer Stunde konnten sie 5.000 Videos analysieren und somit 3.5 Tage Forschungsarbeit beisteuern, heißt es von Seiten des Open Innovation in Science-Zentrum der Ludwig Boltzmann Gesellschaft. Sie haben den Vormittags-„Catchathon“ organisiert.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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