Fremde lindern Schmerzen besser

Wie weh eine Verletzung tut, hängt auch von den Umständen ab. Forscher berichten nun von einem überraschenden Zusammenhang: Der Schmerz lässt stärker nach, wenn Fremde Hilfe leisten. Das ist sogar im Gehirn messbar.

An der Studie der Forscher um Philippe Tobler von der Universität Zürich nahmen 40 Schweizer Männer teil, deren Hirnaktivität die Forscher mithilfe funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRI) untersuchten. Während des fMRI-Scans erhielten die Probanden Stromschläge am Handrücken, die sie als schmerzhaft beurteilten und deren Intensität sie bewerten sollten.

Die Studie

„Pain relief provided by an outgroup member enhances analgesia“, Proceedings of the Royal Society of London B, 26.9.2018

In einem nächsten Schritt erhielt eine Hälfte der Versuchsteilnehmer eine schmerzlindernde Behandlung durch einen Schweizer, die andere Hälfte durch Personen aus einem der Balkanländer. Die Rollenverteilung wählten die Wissenschaftler, weil letztere Vertreter einer der größten Minderheiten in der Schweiz sind. Ihre Anwesenheit werde oft als problematisch dargestellt, so die Forscher in einer Aussendung.

Die Studienteilnehmer sollten vor der Behandlung ihren Eindruck von den behandelnden Personen bewerten. Dabei schnitten die „fremden“ Fachpersonen tatsächlich schlechter ab - die Probanden schienen keine effektive Schmerzlinderung von ihnen zu erwarten. Nach der Behandlung aber bewerteten die Probanden den Schmerz als weniger stark, wenn sie von einer Person aus einem der Balkanländer behandelt wurden.

Vorurteile widerlegt

Der Grund dafür ist - vereinfacht ausgedrückt -, dass dabei Vorurteile widerlegt werden. In der Lerntheorie heißt dies „Vorhersagefehler-Lernen“: Menschen lernen besonders gut, wenn die Ergebnisse ganz anders ausfallen als erwartet.

„Die Studienteilnehmer, die schmerzlindernde Maßnahmen von einem Fremden erhielten, hatten nicht damit gerechnet, dass sie von diesem tatsächlich effektive Hilfe bekommen würden“, so Tobler. Je geringer die Erwartung war, desto größer war die Überraschung, als der Schmerz tatsächlich nachließ, und umso geringer die Schmerzreaktion.

Die Ergebnisse sind mit etwas Vorsicht zu genießen, da die Anzahl der Studienteilnehmer nicht sehr groß war. Studienautorin Grit Hein von der Universität Würzburg zeigt sich trotzdem überzeugt von den Resultaten: „Die Befunde decken sich auf mehreren Ebenen - von der Bewertung der Patienten über die neuronale Antwort im Gehirn bis zur Stärke der Schmerzlinderung“, so die Forscherin. Dennoch müssten die Ergebnisse noch durch weitere Studien - außerhalb der Labor-Umgebung - bestätigt werden.

science.ORF.at/APA/sda

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