Gateway ins Weltall

Die Internationale Raumstation (ISS) hat mittlerweile weit mehr als die Hälfte ihrer geplanten Lebenszeit hinter sich. Auf dem internationalen Astronautenkongress in Bremen wurden nun Pläne für einen Nachfolger präsentiert: Das „Gateway“ soll nicht um die Erde, sondern um den Mond kreisen.

Die US-Raumfahrtbehörde NASA will mit internationalen Partnern ein Basiscamp im Weltraum errichten, um von dort aus weiter ins All vorzudringen. Als nächstes sollen Menschen zum Mond oder zum Mars fliegen. „Also haben wir uns gesagt: ‚Bauen wird doch einen Vorposten im All, von dem Astronauten zu verschiedenen Zielen aufbrechen können‘, erklärt Kirk Shireman, der Programmmanager für die Internationale Raumstation (ISS) am Johnson Space Center im texanischen Houston. “Damit wird der tiefere Weltraum für die bemannte Raumfahrt erreichbar.“

Die Tagung:

Ö1-Sendungshinweis:

Diesem Thema widmete sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 4. Oktober 2018.

Das sehen die Europäer genauso. „Wir wollen weder die ISS in einen Mondorbit verlegen noch sie ersetzen durch irgendetwas anderes, das den Mond umkreist“, sagt Markus Landgraf vom europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC im holländischen Noordwijk. „Vielmehr müssen wir darüber hinausgehen.“

Klein, aber oho

Denn das Gateway soll nicht überwiegend zu Forschungszwecken da sein, wie die ISS. Stattdessen sollen sich Astronauten dort auf eine Rückkehr zum Mond oder auf den Aufbruch zum Mars vorbereiten – und zwar an Bord einer Raumstation, die nur etwa ein Drittel so groß ist wie die ISS, die aber nicht um die Erde, sondern um den Mond kreist - jedenfalls so ungefähr.

NASA-Pläne für die Raumstation

NASA

NASA-Pläne für Gateway

Denn eigentlich ist der Orientierungspunkt des Gateways nicht der Mond, sondern einer jener raren Punkte im Erde-Mond-System, an denen sich die Anziehungskräfte beider Himmelskörper gegenseitig aufheben. Wissenschaftler nennen sie Lagrange-Punkte. In diesem Fall kommt der Lagrange-Punkt L2 ins Spiel, der hinter dem Mond liegt, relativ weit weg. Die Umlaufbahn sieht aus wie eine große Ellipse. Ihr mondnächster Punkt liegt 4.000 Kilometer über seiner Oberfläche, während sich der entfernteste Punkt 75.000 Kilometer von der Mondoberfläche entfernt befindet. Außerdem zeigt die Ebene, in der diese Bahn liegt, ständig auf die Erde. Man kann von der Erde aus also immer das Gateway sehen und eine Funkverbindung aufbauen.

In sechs Tagen um den Mond

Einerseits lässt sich solch ein weiter Orbit mit Versorgungsflügen von der Erde leichter erreichen. Denn auf seiner Höhe wirkt die Gravitation des Mondes noch nicht so stark. Andererseits ist die Anziehung des Mondes nicht gleichmäßig. Eine Raumstation, die sich in der Nähe des Mondes aufhält, benötigt viel Treibstoff, um eine kreisförmige Umlaufbahn beizubehalten. Bewegt Sie sich aber auf einer entfernteren Umlaufbahn, braucht sie für das Nachsteuern kaum Treibstoff.

Ganze sechs Tage dauert es, um den Mond auf dieser Umlaufbahn einmal zu umkreisen – und damit doppelt so lange wie der eigentliche Flug zum Mond. Dies zeigt, wie langgestreckt dieser Orbit ist. Auf diese Bahn haben sich alle am Projekt Gateway beteiligten internationalen Partner geeinigt. Es sind die gleichen Partner, die derzeit bereits vereint unter dem Dach der Internationalen Raumstation die Erde umkreisen: die USA, Europa, Japan, Russland und Kanada.

Esprit für 30 Jahre

Das Gateway besteht – so wie die ISS – aus mehreren Modulen. Europa will u.a. ein Multizweck-Nutzungsmoduls beisteuern, das den Namen ESPRIT trägt. Diese Abkürzung steht für European System Providing Refuelling, Infrastructure and Telecommunications – und genau das soll ESPRIT leisten: Auftankmöglichkeiten, allgemeine Infrastruktur für die Station und Telekommunikation.

Außerdem wird das Gateway aus zwei Laboren bestehen. Eines wird federführend von Europa gestaltet; Japan und die USA sind daran beteiligt. Ein zweites Wohnmodul wollen die USA selbst beisteuern. Diese Module werden den Astronauten als Wohnraum dienen. Bis zu drei Mann Besatzung sollen sich an Bord des Gateways aufhalten. An- und Anreise erfolgt mit der neuen Orion -Raumkapsel der NASA – jedoch nur für maximal 30 Tage. Die Station wird also nicht permanent bemannt sein, so wie die ISS. Bliebe der Partner, der immer mal wieder damit droht, aus der ISS aussteigen zu wollen: Russland will sich mit einer Luftschleuse beteiligen. Wenn alles mit der Finanzierung klappt, soll der erste Bauteil des Gateways schon in vier Jahren ins All geschickt werden.

Guido Meyer, science.ORF.at

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