Disput um Stringtheorie und Dunkle Energie

Aufregung unter Physikern und Physikerinnen: Laut US-Forschern ist die Stringtheorie, die das Universum erklären soll, unvereinbar mit Dunkler Energie. Doch das kann nicht stimmen, widerspricht nun ein Physiker der TU Wien, denn dann dürfte es kein Higgs-Teilchen geben.

Im Standardmodell der Physik geht man von Elementarteilchen aus, die unsere Welt aufbauen. Die Stringtheorie kennt dagegen keine Teilchen, sondern nur eindimensionale Objekte, sogenannte „Strings“. Die verschiedenen bekannten Teilchen würden sich demnach nur durch unterschiedliche Schwingungen dieser „Strings“ manifestieren.

Dazu bräuchte es aber nicht nur die drei, sondern deutlich mehr Raumdimensionen. Mathematisch liefert die Stringtheorie durchaus nachvollziehbare Ergebnisse, doch experimentell lassen sich ihre Vorhersagen kaum überprüfen.

Expansion des Universums braucht Dunkle Energie

Vor dem Sommer hat ein Team um den Harvard-Physiker Cumrun Vafa, einer der führenden Stringtheoretiker, eine revolutionär klingende Vermutung veröffentlicht: Demnach soll die Stringtheorie mit der Existenz von Dunkler Energie, wie sie bisher verstanden wurde, grundsätzlich unvereinbar sein. Das Problem dabei: Nur mit Dunkler Energie lässt sich die beschleunigte Expansion des Universums erklären.

Diese immer schnellere Ausbreitung ist immerhin so anerkannt, dass für ihre Entdeckung 2011 der Physiknobelpreis vergeben wurde. Daher diskutieren Stringtheoretiker weltweit seit Monaten diese Frage, wie die Technische Universität Wien am Montag in einer Aussendung berichtet.

Timm Wrase

TU Wien

Timm Wrase von der TU Wien

Hoffen auf Experimente

Timm Wrase vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien erkannte aber, dass an Vafas Vermutung etwas nicht stimmen kann. Wäre es tatsächlich so, dürfte es auch kein Higgs-Teilchen geben, zeigen seine Berechnungen, die er gemeinsam mit deutschen und US-Kollegen nun im Fachjournal „Physical Review D“ veröffentlicht hat. Doch die Teilchen gibt es, sie wurden 2012 am Kernforschungszentrum CERN in Genf nachgewiesen. Eine Entdeckung, die ein Jahr danach mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet wurde.

Bereits vor der Publikation im Journal hat Wrase seine Ergebnisse auf der Online-Plattform „ArXiv“ veröffentlicht, und die Stringtheoretiker diskutieren darüber bereits heftig. „Diese Kontroverse ist eine gute Sache für die Stringtheorie“, so Wrase in der Aussendung. Denn plötzlich hätten viele Leute ganz neue Ideen, über die bisher noch niemand nachgedacht habe. „Vielleicht führt uns das zu spannenden neuen Erkenntnissen über die Natur der Dunklen Energie - das wäre ein großer Erfolg“, erklärte der Physiker. Die Hypothesen, die dabei entstehen, sollen sich teilweise schon bald experimentell überprüfen lassen.

science.ORF.at/APA

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