Warum Lavendel beruhigend wirkt

Seit Hunderten Jahren wird Lavendel als Heilmittel gegen Einschlafstörungen und Unruhe verwendet, doch seine chemische Wirkung ist noch weitgehend unerforscht: Versuche an Mäusen zeigen nun überraschende Verwandtschaften zu Medikamenten auf.

Er blüht blau-violett und duftet intensiv, etwas herb, aber auch blumig frisch. Schon die alten Römer verwendeten den Echten Lavendel daher gern als Badezusatz. Heute findet man ihn in Seifen, Waschmittel und in Parfums. Dafür wird er etwa in der Provence seit dem 17. Jahrhundert großflächig angebaut. Aber auch in der Naturheilkunde ist die Pflanze wegen ihrer beruhigenden Wirkung seit hunderten Jahren im Einsatz, z.B. bei Unruhezuständen und Schlafstörungen.

Die Studie

„Linalool odor-induced anxiolytic effectsin mice“, Frontiers in Behavioral Neuroscience (23.10.2018).

Und sie hilft tatsächlich, wie mittlerweile auch medizinische Studien bestätigen, untersucht wurde das z.B. bei Angststörungen. Wie Forscher um Hideki Kashiwadani von der Kagoshima Universität in Japan in einer Studie schreiben, wäre Lavendel bzw. seine wirksamen Bestandteile vielleicht eine ungefährliche oder zumindest harmlosere Alternative zu angstlösenden Medikamenten, wie etwa aus der Gruppe der Benzodiazepine, die zwar hochwirksam sind, aber auch sehr leicht abhängig machen.

Geruch entscheidend

Ihre Wirksamkeit verdankt die Pflanze vermutlich vor allem ätherischen Ölen, wie etwa Linalool. Wie genau die Stoffe wirken bzw. an welche Rezeptoren sie andocken, ist laut den Autoren bis jetzt noch nicht untersucht worden. Sie könnten aus der Luft ins Blut gelangen und von dort ins Gehirn, wo sie dann an dieselben Rezeptoren binden wie Benzodiazepine. Die Mäuseversuche des Teams zeigen nun: Entscheidend ist wohl der Geruch von Linalool. Der Dampf stimulierte geruchssensible Nervenzellen in der Nase der Tiere und führte so zur Entspannung. Bei geruchsblinden Mäusen - denen die entsprechenden Nervenzellen fehlten - blieb die Wirkung nämlich aus.

Der Stoff könnte aber genauso gut wirken, wenn er geschluckt oder injiziert wird, indem der Geruch beim Ausatmen in die Nase steigt. Wie der Wirkstoff am besten verabreicht wird, muss noch untersucht werden, bevor er systematisch an Menschen getestet wird. Die Autoren sehen jedenfalls viele praktische Anwendungsmöglichkeiten, etwa vor Narkosen, um den präoperativen Stress zu lindern. Die Dampf-Variante wäre zudem praktisch für Personen, die Schwierigkeiten beim Schlucken haben, z.B. Kinder und ältere Menschen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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