Stapellauf für Quanten-Flaggschiff

Am 29. Oktober läuft das Quanten-Flaggschiff der EU in Wien vom Stapel. Bei der Auftaktveranstaltung werden die Ergebnisse der ersten Ausschreibung bekanntgegeben. 140 Bewerbungen gab es für 130 Mio. Euro, darunter auch viele mit österreichischer Beteiligung.

Nach den ersten, 2013 gestarteten Flaggschiffen, die sich der Modellierung des Gehirns im Computer („Human Brain Project“) und dem neuartigen Material Graphen („Graphene“) widmen, soll nun mit „Quantum Flagship“ der dritte Forschungsdampfer der EU in See stechen. Europa will damit seine „wissenschaftliche Führerschaft und Exzellenz“ in diesem Bereich ausbauen und eine wettbewerbsfähige Industrie für Quantentechnologien aufbauen, wie es auf der Projekt-Webseite heißt. Dafür sollen in den kommenden zehn Jahren insgesamt eine Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Eine Hälfte davon kommt von der EU, die andere von den Mitgliedsstaaten bzw. der Industrie.

Für die ersten beiden Flaggschiffe wurde ein umfangreiches Auswahlverfahren durchgeführt, mit 21 Bewerbungen, sechs Finalisten und der endgültigen Entscheidung für zwei Projekte. Das „Quantum Flagship“ entstand dagegen als „grass-roots“-Initiative der europäischen Quantenphysik-Gemeinschaft, die sich in den vergangenen Jahren massiv für das Programm stark gemacht hat. Wortführer war und ist Tommaso Calarco von der Universität Ulm, aber auch prominente österreichische Quantenphysiker wie Rainer Blatt und Anton Zeilinger waren in der Vorbereitung engagiert.

Zweite Quantenrevolution

Calarco legte 2016 der EU-Kommission ein „Quanten-Manifest“ vor, das von mehr als 3.500 Vertretern des Fachs aus ganz Europa unterzeichnet wurde. Die Kommission setzte daraufhin eine Steuerungsgruppe ein, und in Abstimmung mit den Mitgliedsländern wurde beschlossen, bereits eine erste Ausschreibung im Rahmen des EU-Forschungsrahmenprogramms „Horizon 2020“ zu starten - dotiert mit 130 Mio. Euro. Wer zum Zug kommt, wird am Montag bekannt gegeben. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) betonte gegenüber der APA, „dass viele österreichische Universitäten und Forschungseinrichtungen an den Projekten beteiligt sind“. Er ist davon überzeugt, „dass wir mit diesem Projekt Europa an die Spitze der zweiten Quantenrevolution bringen werden“.

Als Säulen des Programms wurden die Themen Quantenkommunikation, -computing, -simulation und -sensorik sowie Grundlagenforschung in diesem Bereich definiert. Die weitere Finanzierung des Flaggschiffs dürfte über das neue, ab 2021 laufende Rahmenprogramm „Horizon Europe“ erfolgen - wie ist allerdings noch unklar. Eine Möglichkeit wäre, dass das Thema eine der im Programm geplanten „Missions“ wird.

Fördergelder fließen

Parallel zur EU-Initiative setzen die EU-Mitgliedsländer nationale Initiativen. In Österreich haben im Frühjahr der Wissenschaftsfonds FWF und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG ein neues Förderprogramm für Quantenforschung und -technologie gestartet. Die FFG-Geschäftsführer Henrietta Egerth und Klaus Pseiner verweisen gegenüber der APA neben diesem Programm auch auf die von der Nationalstiftung bewilligten 5 Mio. Euro für die Entwicklung des Quantencomputers. Mit der nationalen Initiative sollen „die notwendigen Voraussetzungen für die erfolgreiche Teilnahme auf europäischer Ebene geschaffen werden“.

In Deutschland gilt bei diesem Thema offenbar die Devise „Klotzen, nicht kleckern“. Dort wurde im September das Programm „Quantentechnologien - von den Grundlagen zum Markt“ beschlossen, in das deutlich mehr Geld fließen soll als die EU in das Quanten-Flaggschiff investiert: 650 Millionen Euro sollen bis 2022 zur Verfügung gestellt werden.

Global gesehen hat China weltweiten Führungsanspruch im Bereich Quantentechnologien angemeldet. Mit konkreten Zahlen ist das nicht untermauert, die Rede war von mehreren zehn Milliarden Dollar an staatlichen Investitionen in den kommenden Jahren. Da können die USA nicht nachstehen, das Repräsentantenhaus hat im September den „National Quantum Initiative Act“ verabschiedet, für die ersten fünf Jahre sind 1,3 Mrd. Dollar dafür geplant.

science.ORF.at/APA

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