Raubbau beschleunigt Artensterben
„Wir erleben einen beispiellosen Niedergang der Natur“, sagte Georg Scattolin, Experte für internationalen Artenschutz beim WWF Österreich. „Das Zeitfenster für Gegenmaßnahmen schließt sich bereits. Die Welt braucht einen globalen Naturschutzpakt, um die Trendwende zu schaffen.“ Scattolin forderte ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen, wie es mit dem Klimaschutzabkommen von Paris gelungen ist.
Kernstück der Studie der Natur- und Umweltschutzorganisation ist der Living Planet Index (LPI), der Populationsdaten von Wirbeltierarten ermittelt und die durchschnittlichen Bestandsveränderungen darstellt. Laut LPI reduzierten sich die weltweiten Bestände seit 1970 durchschnittlich um 60 Prozent. „Ähnlich einem globalen Börsenindex ist unser Bericht ein wichtiger Gradmesser für den ökologischen Zustand der Erde. Der LPI basiert auf wissenschaftlichen Daten zu mehr als 16.700 untersuchten Populationen von über 4.000 Wirbeltierarten weltweit: Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien“, so Scattolin.
Statement zum „Living Planet Report“
Die Übernutzung der natürlichen Ressourcen führe zur Zerstörung und zum Verlust von Lebensräumen. Scattolin führte hier zwei markante Beispiele aus dem Bericht an: „Innerhalb von 50 Jahren nahm der für ein stabiles Klima wichtige Amazonas-Regenwald in seinem Ausmaß um 20 Prozent ab. Bei den Flachwasserkorallen gibt es schätzungsweise einen Verlust von 50 Prozent während der vergangenen 30 Jahre.“
Erhebung in Österreich
Um den LPI auch für Aussagen zur Situation und den Entwicklungen von Wirbeltierbeständen in Österreich zu nutzen, hat der WWF gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur (BOKU) dazu erstmals eine eigene Analyse - basierend auf rund 880 Datensätzen aus den neun Bundesländern für alle Wirbeltierklassen (im Zeitraum von 1986 bis 2015) - erstellt. Diese zeige, dass die Wirbeltierbestände in Österreich in einem schlechten Zustand sind. „Im untersuchten Zeitraum kam es zu einem Rückgang von im Schnitt 70 Prozent“, so Arno Aschauer, Experte für nationalen Artenschutz beim WWF Österreich.
Die Ergebnisse für Österreich zeigen „konkrete politische Versäumnisse beim Erhalt der biologischen Vielfalt“, folgert der WWF. Die EU-rechtlich erforderlichen Anpassungen seien „bei Weitem nicht ausreichend“ gewesen: „Unsere Natur braucht mehr Rückzugsräume und Schutzgebiete, die ihren Namen auch verdienen. Umweltschädliche Subventionen müssen auf allen Ebenen gestoppt werden. Parallel dazu braucht es mehr Forschung und Monitoring, um negative Trends überhaupt erkennen zu können“, sagte Aschauer.
science.ORF.at/APA