OECD warnt vor Superkeimen

Die falsche Einnahme von Antibiotika führe zu immer gefährlicheren, multiresistenten Bakterien, kritisiert die OECD in ihrem aktuellen Gesundheitsbericht. Doch beim Vorkommen solcher Superkeime gebe es große internationale Unterschiede - auch in Europa.

Wie viele und welche bakteriellen Krankheitserreger gegen Antibiotika resistent sind, ist von Land zu Land unterschiedlich - das zeigt der aktuelle Gesundheitsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Österreich liege mit einer Resistenzrate von neun Prozent unter dem OECD-Schnitt von 17 Prozent. In der Türkei und Griechenland sind die durchschnittlichen Resistenzraten mit 35 Prozent dagegen siebenmal so hoch wie in Island, den Niederlanden und Norwegen, wo nur fünf Prozent der bakteriellen Erreger multiresistent sind.

Antibiotika aus dem Supermarktregal

Ein Grund dafür sei etwa das Fehlen einer Rezeptpflicht für Antibiotika, sagte die Infektiologin Petra Apfalter, Leiterin des Referenzzentrums für Antibiotikaresistenz am Krankenhaus der Elisabethinen in Linz: „In einigen südeuropäischen Ländern stehen die Antibiotika an der Kasse neben den Kaugummis, und die Kunden können sie nach Gutdünken einnehmen in einer Dosis, die sie sich selber überlegen, und über einen Zeitraum, den sie für richtig erachten.“

Die OECD fordert deswegen einheitliche, internationale Standards im Umgang mit Antibiotika und einfache Präventionsmaßnahmen, wie eine bessere Krankenhaushygiene, öfter die Hände zu waschen, seltener Antibiotika zu verschreiben und schnellere Diagnosen bei bakteriellen bzw. viralen Infektionen. Denn Antibiotika wirken nur gegen bakterielle Erreger, nicht aber bei Virusinfektionen.

Weniger verschreiben, dafür effektiver

Dass Island, die Niederlanden und Norwegen in puncto multiresistenter Erreger so erfolgreich abschneiden, führt Apfalter auf verschiedene Faktoren zurück. Dazu gehöre die Bauweise von Krankenhäusern. „Dort gibt es ausschließlich Einzelzimmer, und das verhindert natürlich die Verbreitung solcher Erreger“, sagte Apfalter. In Österreich würden Einzelzimmer im Krankenhaus dagegen oft als Isolation empfunden. „Man hat dort eine andere Kultur im Umgang mit Patienten“, so die Infektiologin.

Das komme auch bei der Verschreibung von Antibiotika zum Tragen. In Ländern mit wenig Resistenzen hätten sich die fachärztlichen Empfehlungen immer auf spezifische Stoffe mit einem engen Wirkungsspektrum konzentriert, erklärte Apfalter. In anderen Ländern, auch in Österreich, wird dagegen öfter zu Breitbandantibiotika gegriffen, die nicht nur bestimmte Erreger angreifen, sondern eine ganze Reihe von Bakterien.

1,6 Millionen Todesopfer verhindern

Noch gebe es allerdings viel zu wenige internationale Anstrengungen, um die wachsende Zahl an antibiotikaresistenten Erregern zu bekämpfen, kritisiert die OECD. Werden keine Präventionsmaßnahmen eingeführt, könnten laut Bericht 2,4 Millionen Menschen in Europa, Nordamerika und Australien durch solche Infektionen sterben. Gelingt eine Vorbeugungsstrategie, könnten in den nächsten 30 Jahren 1,6 Millionen Menschenleben gerettet werden.

Marlene Nowotny, Ö1 Wissenschaft

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