Partnerschaften: Ganz wie die Mama

Von den Eltern übernimmt man oft mehr, als einem lieb ist. Sie prägen auch das Beziehungsleben. Eine Studie zeigt: Wenn eine Mutter ihre Partner häufiger wechselt, tun das später auch ihre Töchter und Söhne.

Wer die Trennung oder die Scheidung seiner Eltern miterlebt hat, spürt die Folgen mitunter ein Leben lang. Scheidungskinder landen früher in Beziehungen, heiraten aber später und lassen sich selbst häufiger scheiden als Nachwuchs aus sogenannten intakten Elternhäusern.

Wie sehr das elterliche Beziehungsleben das eigene prägt, macht die neue Studie der Forscherinnen um Claire Kamp Dush von der Ohio State University nun deutlich. „Oft ist es nicht nur die Scheidung. Viele Kinder erleben die Scheidung, sehen wie die Eltern eine neue Partnerschaft eingehen, die wiederum scheitert, usw.“, so Dush in einer Aussendung. All diese Erfahrungen spiegeln sich später im Leben der Töchter und Söhne.

Anzahl der Partnerschaften

Für die Untersuchung analysierte das Team Datensätze aus den US-amerikanischen National Longitudinal Surveys. Die Daten der Mütter stammen aus dem National Longitudinal Survey of Youth 1979, der insgesamt mehr als 12.000 Teilnehmer umfasst, die 1979 im Alter zwischen 14 und 22 erstmals befragt wurden. Die Daten der Kinder wurden dem National Longitudinal Survey of Youth 1979 Children and Young Adults entnommen, daraus wurden Daten von mehr als 7.000 Personen verwendet.

Beide Kohorten wurden mindestens 24 Jahre lang begleitet. Neben Ehen wurden auch Lebensgemeinschaften ohne Trauschein erfasst. Beziehungen ohne gemeinsamen Wohnsitz wurden nicht gezählt. Diese haben aber wahrscheinlich ohnehin einen geringeren Einfluss auf das Leben der Kinder, so Dush gegenüber science.ORF.at. Das Ergebnis der Analyse: Die Anzahl aller gezählten Partnerschaften war ein Indikator dafür, wie viele Beziehungen und Trennungen die Kinder später durchleben werden. D.h., je mehr Partner die Mutter hatte, umso mehr wird später auch der Nachwuchs haben.

Ob die Partnerschaften der Väter einen ähnlichen Einfluss haben, konnte anhand der Daten nicht ermittelt werden. „Das Beziehungsleben des Vaters hat sicher ebenfalls Auswirkungen“, erläutert Dush, zumindest dann, wenn sich dieser - wie heute zunehmend der Fall - auch um die Kinder kümmert. „Je mehr Zeit ein Vater mit seinen Kindern verbringt, umso stärker ist wahrscheinlich sein Einfluss.“

Ist das Geld schuld?

Warum Töchter und Söhne in gewisser Weise das Leben ihrer Mütter bzw. Eltern wiederholen, kann natürlich viele Gründe haben. Drei mögliche Erklärungen hat das Team anhand der Daten überprüft. Hinter dem Verhalten könnten z.B. wirtschaftliche Probleme stecken, so eine Vermutung der Forscherinnen: Scheidungen und Trennungen sind oft auch finanziell sehr belastend. Manche Mütter gehen deswegen schnell neue Bindungen ein, die häufig bald wieder scheitern.

Neben dem Auf und Ab bekommen die Kinder auch den ökonomischen Mangel zu spüren. Die schwierigen Zeiten auf dem Weg zum Erwachsensein könnten sich auf die Beziehungsfähigkeit auswirken. Tatsächlich gab es einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Unsicherheit und der Anzahl an Partnern. Aber, so die Autorinnen, wenn man die ökonomischen Faktoren rausrechnet, bleibt die Korrelation zwischen Anzahl der Partner der Mutter mit jener der Kinder erhalten.

Eigenschaften werden vererbt

Eine andere Erklärung: Wenn der Nachwuchs mitunter mehrmals mitansehen musste, dass Versprechen gebrochen werden, lernt er, dass Bindungen nicht ein Leben lang halten müssen. Wenn eine Beziehung nicht mehr funktioniert, sucht er also lieber nach einem neuen Partner, die oder der die Bedürfnisse besser erfüllt. In diesem Fall müsste der Effekt aber bei Geschwisterkindern unterschiedlich sein, schreiben die Autorinnen - je nachdem, wie viele Partner das Kind im selben Haushalt miterlebt hat. Das war aber nicht der Fall.

Am wahrscheinlichsten, so Dush, ist eine dritte Hypothese: Die prinzipielle Beziehungsfähigkeit wird von Generation zu Generation weitergegeben, im Guten wie im Schlechten. Manche Menschen seien besser, andere weniger „geeignet“ für Lebensgemeinschaften. Die Fähigkeit, mit Konflikten umzugehen oder anderen zu vertrauen, spielt dabei eine Rolle, aber auch die psychische Gesundheit. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass sich Kinder in Beziehungen oft ähnlich verhalten wie ihre Eltern. Laut Dush könnte manches davon im engeren Sinn - nämlich genetisch - vererbt sein, andere Eigenschaften lernen Töchter wie Söhne einfach von ihren Vorbildern.

Alles wird besser

Die dritte These lässt sich mit den verwendeten Daten zumindest nicht widerlegen. Allerdings enthalten diese keinerlei Angaben zu den persönlichen Eigenschaften der Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder über die Qualität der Beziehungen. Die Vererbung des Beziehungsmusters könnte also auch ganz andere Gründe haben.

Außerdem, wie die Autorinnen am Ende der Studie schreiben, könne sich die Beziehungsfähigkeit im Lauf eines Lebens auch verändern. Die vielen Partnerwechsel müssen langfristig also nicht unbedingt ein Nachteil sein. Durch die serielle Monogamie finden vielleicht eines Tages tatsächlich zwei Menschen zueinander, die besser zusammenpassen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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