Plastikproblem gemeinsam lösen

Jährlich gelangen Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der Uni Wien will nun die Auswirkungen für Umwelt und Menschen untersuchen - und auch Bürger und Politik zum Handeln bewegen.

„PLENTY“ - kurz für Plastics in the Environment and Society - heißt die Forschungspattform, die soeben an der Universität Wien gestartet ist. Damit beginnen drei junge Wissenschaftlerinnen ihre Forschungsprojekte im Rahmen ihrer Dissertation und zwar gewissermaßen zusammen.

Plastikmenge, die in einer Woche gesammelt wurde

Ocean Cleanup

Plastikmenge, die in einer Woche beim Ocean Cleanup-Projekt gesammelt wurde

Während eine sich damit auseinandersetzt, welche Stoffe sich aus dem Plastik im Wasser lösen und welche umweltschädlichen Bestandteile sich an die Plastikteilchen heften können, will die andere in demselben Experiment untersuchen, was diese Stoffe mit Bakterien machen. Die Dritte im Bunde, eine Sozialwissenschaftlerin, soll herausfinden, wie die Gesellschaft zu Plastik steht - wie wir also auf Erkenntnisse aus der Naturwissenschaft reagieren, beispielsweise wonach Plastik schädliche Inhaltsstoffe enthält. "Es geht auch darum, ob und wie sich dadurch der Gebrauch von Plastik ändert“, erklärt der Leiter der Plattform Gerhard Herndl, Meeresbiologe von der Uni Wien.

Forschung und Maßnahmen in der Politik als Ziel

Um voneinander lernen zu können, soll es einen regelmäßigen Austausch unter den drei Forschungsgruppen der Bio-Ozeanographie, Nanogeowissenschaften und Sozialwissenschaften geben, wenngleich jede Gruppe grundsätzlich für sich arbeitet. „Wir versuchen das Thema Plastik so gut wie möglich holistisch anzugehen.“ Vor allem die sozialwissenschaftliche Seite soll mehr Aufmerksamkeit bekommen. Sie wurde in der Vergangenheit zu wenig beachtet, gesteht Herndl.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“ am 27.11. um 13:55 Uhr.

Die Forschung voranzutreiben ist zwar das oberste Ziel der Plattform, vielmehr geht es aber auch darum, allgemein das Bewusstsein für das Plastikproblem zu erhöhen und unter Umständen Bürgerinitiativen anzuregen. Zu diesem Zweck sollen auf der Webseite microplastics.univie.ac.at immer wieder aktuelle Erkenntnisse und Lösungsvorschläge zusammengefasst werden. Letztlich erwartet man sich so, die Politik zum Handeln zu bringen. „Die Politik ist in der Umweltbewegung sicher nicht die Vorreiterin. Sondern das muss wirklich aus der Bewusstseinsbildung der Gesellschaft kommen.“

„Ocean Cleanup“ als Beispiel für Bürgerinitiative

Als positives Beispiel für eine Bürgerinitiative nennt Herndl das „Ocean Cleanup“-Projekt, an dem er als wissenschaftlicher Beirat beteiligt ist. Ins Leben gerufen hat das Projekt der 24-jährige Niederländer Boyan Slat mithilfe von Crowdfunding und mit Unterstützung von Institutionen und Unternehmen. Nach einer mehrwöchigen Testphase sammelt die etwa 600 Meter lange Schlauchkonstruktion nun Plastikmüll von der Oberfläche des Nordpazifiks. „Man muss sich das wie ein großes U vorstellen, das entgegen der Strömung ausgerichtet ist und Plastik zusammenschiebt", so Herndl. In fünf Jahren will man so 50 Prozent des Oberflächenmülls im Nordpazifik sammeln.

Soweit es sich nach dieser kurzen Zeit beurteilen lässt, funktioniert das Sammeln dem Wiener Umweltbiologen zufolge soweit ganz gut. „Die Barriere stellt keine wirkliche Gefahr für Organismen dar“, versichert Herndl. Anfängliche Schwierigkeiten versucht man aktuell zu beheben. So entwischen bei zu starker Strömung beispielsweise einige Plastikteile und schwammen unter dem drei Meter tiefen Vorhang hindurch. Man weiß aber schon, wie man das vermeiden kann, so Herndl. Ob das Projekt Maßnahmen der Regierungen nach sich ziehen wird, um den Plastikmüll in den USA und in asiatischen Ländern zu verringern, bleibt allerdings noch abzuwarten.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu diesem Thema: