Roboter „vertritt“ kranke Kinder im Klassenzimmer

Wenn Kinder chronisch krank werden, drohen sie den Anschluss an den Unterricht zu verlieren. Viele fühlen sich einsam, vermissen ihre Freunde. Ein norwegisches Unternehmen hat einen Roboter entwickelt, der kranke Kinder im Unterricht „vertritt“.

Er ist zirka 30 Zentimeter groß, besteht aus einem Kopf mit freundlichen Augen. In seinem Rumpf befindet sich ein Lautsprecher. Solange ein Kind krank ist, sitzt AV1, so der Name des kleinen Roboters, in der Klasse, erklärt Karen Dolva, Geschäftsführerin des 2015 gegründeten norwegischen Start-ups „No Isolation“, das aus einem Forschungsprojekt entstanden ist: „Er ist dort, wo das Kind selbst nicht sein kann. Der Roboter dient dem Kind als Augen und Ohren.“

Der Roboter AV1 in einem Klassenzimmer

Estera Kluczenko / No Isolation

Über den Roboter kann ein Kind zuhause oder im Krankenhaus sehen und hören, was gerade in der Schule geübt wird.

Das Kind steuert den Roboter von zuhause oder aus dem Krankenhaus. Via Smartphone oder Tablet bestimmt es, wohin er schaut. Es kann über Lautsprecher mit Freunden sprechen und durch ein eingebautes Mikrofon hören, was sie sagen. Die Kommunikation ist verschlüsselt, die Informationen fließen nur nach Eingabe eines Passworts und nur zwischen Kind und Roboter.

Erweiterung des kindlichen „Ich“

AV1 ist ein sehr unpersönlicher Name, dabei bleibt es aber meist nicht lange. Die Kinder machen den Roboter zu einem Teil ihrer selbst, setzen ihm Kappen auf, binden einen Schal um oder kleben Sticker drauf. „Er wird zu einer Erweiterung des Ich“, so Karen Dolva.

807 Roboter befinden sich bereits in Klassenräumen, vor allem in Norwegen, Großbritannien und den Niederlanden. „Laut Schätzungen gibt es in Europa eine halbe Million chronisch kranke Kinder - Kinder mit Krebs, Autoimmunerkrankungen oder Behinderungen. Sie alle wollen wir erreichen.“ Ein Hindernis könnten die Kosten sein - die Eltern müssen für Roboter und Wartung zahlen, außer die Schule übernimmt die monatlichen Kosten von rund 200 Euro pro Roboter. Auch in Österreich verhandle man schon mit ersten Schulen, heißt es seitens „No Isolation“.

Computer für Seniorinnen und Senioren

Aufbauend auf den Erfahrungen mit Kindern bietet das Unternehmen auch Seniorinnen und Senioren technologische Unterstützung an, in Form eines bewusst einfach gehaltenen Computers: „Wir haben einen Computer entwickelt, den auch Menschen mit beginnender Demenz, mit Einschränkungen beim Sehen oder Hören benutzen können.“

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichten auch die Journale am 6.12.2018 um 7:00. Die Reise zur Konferenz „EU research an innovation in our daily life“ erfolgte auf Einladung des Europäischen Parlaments.

Es gibt nur einen großen Knopf, um den Tablet-ähnlichen Computer zu bedienen, die Stimmen sind laut und klar, es gibt keinen Touchscreen, keine komplizierte Navigation. Eine App verbindet die Familie, über sie können Fotos und Videos ausgetauscht werden. Technologie ist für Karen Dolva alles - von einer Schere über eine Waschmaschine bis hin eben zu Computer und Roboter. Es komme immer darauf an, was die Menschen daraus machen - und da seien die Möglichkeiten besonders für Menschen mit Einschränkungen noch nicht ausgeschöpft, ist die norwegische Forscherin überzeugt.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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