Wintergemüse: Bitte unverpackt!

Der Anbau alleine entscheidet nicht über die Umweltverträglichkeit eines Produkts. Verpackung und Transport spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie können auch die an sich gute Ökobilanz von Wintergemüse trüben, wie eine Forscherin ausgerechnet hat.

Die Nachfrage nach regionalem Gemüse steigt. Immer mehr Erzeuger setzen daher auf Wintergemüse wie Portulak oder Pflücksalate. Sie lassen sich sehr gut in Folientunnel oder am freien Feld ziehen. Da sie ohne Beheizung auskommen, sind sie prinzipiell sehr umweltverträglich, erklärt die Ökologin Michaela Theurl, die am Forschungsinstitut für biologischen Landbau und am Institut für soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur Wien forscht.

Es kommt auf die Verpackung an

In die Ökobilanz hineingerechnet wird jedoch nicht nur der Anbau. Vielmehr wird der CO2-Fußabdruck des Produkts über seinen Lebenszyklus hinweg erhoben. Auch Verpackung, Sortierung und Transport spielen eine Rolle. Eine Plastikschale kann den CO2-Fußabdruck eines ansonsten umweltverträglichen Produkts in die Höhe schnellen lassen. „Die Emissionen aus der Verpackung machen 80 Prozent des gesamten CO2-Fußabdrucks beim Portulak aus“, berichtet Theurl. Portulak wird in kleinen Einheiten von ca. 100 Gramm abgepackt. Viel Verpackung für eine geringe Menge.

Portulak im Topf

CC BY-SA 3.0

Portulak im Topf

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 4.12., 13:55 Uhr.

Der CO2-Fußabdruck des Portulak ist laut einer Studie von Theurl dann zwar immer noch geringer als der Fußabdruck eines Kopfsalats, der im beheizten Glashaus gezogen wurde, die Differenz aber erheblich geringer. „Am besten wäre in dem Fall eigentlich, dass die Konsumentin, der Konsument die eigene Verpackung mitnimmt“, meint Theurl. Denn nur dann kann man die CO2-Ersparnis des robusten Wintersalates komplett ausschöpfen.

Die entscheidenden letzten Kilometer

Der Anbau von Wintergemüse stellt einen zusätzlichen Absatzmarkt für heimische Gemüsebauern dar. Da der Anbau unbeheizt erfolgen kann, ist er energieeffizient und nachhaltig. Allerdings gilt es neben einer praxistauglichen Verpackungslösung auch umweltschonende Vertriebsnetze aufzubauen. In Kooperation mit regionalen Erzeugern haben Michaela Theurl und Kolleginnen die Ökobilanzen von Wintergemüse analysiert. Etwa von Jungzwiebeln, die ein Salzburger Landwirt in Direktvermarktung anbietet.

„Da viele Kundinnen und Kunden mit dem Auto zum Ab-Hof-Verkauf fahren, wollte der Landwirt wissen, wie das die Ökobilanz seiner Jungzwiebel beeinflusst“, erzählt die Ökologin Michaela Theurl. Bezieht man den Transport von durchschnittlich zehn Kilometer mit ein, dann vergrößert sich der CO2-Fußabdruck der biologisch angebauten Jungzwiebel massiv. Obwohl sie energiearm im Winter ohne Beheizung produziert wurden, haben sie dann einen fast genauso großen Fußabdruck wie etwa Tomaten, die konventionell im Winter im beheizten Gewächshaus angebaut wurden. Ob umweltverträglich oder nicht, entscheidet sich oftmals auf den letzten Kilometern.

Juliane Nagiller, Ö1-Wissenschaft

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