Wie Bäume zum Feinstaub beitragen

Bäume „schlucken“ Feinstaub, vor allem jene, deren Blätter wie Filter wirken. Aber: Bäume können auch Feinstaub verursachen. Indirekt zumindest, wie immer mehr Studien weltweit zeigen. Grund dafür ist aber menschliches Verhalten.

Wer kennt ihn nicht, den Duft des Waldes!? Frisch, harzig und manchmal auch modrig und würzig. Grund dafür sind flüchtige organische Stoffe - sogenannte VOCs. Sie tauchen in unterschiedlichster Form in vielen Dingen auf: in Hautcremes, Parfüms, Pestiziden, Farben, Putzmitteln, Kaffee sowie Verkehrsabgasen. In heimischen Nadelbaumarten wie der Tanne und Fichte heißen diese VOCs Monoterpene - sie sind oft für den Duft der Bäume verantwortlich, erklärt der Physiker und Atmosphärenchemiker Thomas Karl von der Universität Innsbruck. „Monoterpene dienen zum Beispiel als Signal- oder auch als Abwehrstoffe.“

Blick nach oben im Fichtenwald

Julian Stratenschulte/dpa

Blick nach oben im Fichtenwald

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Diesem Thema widmet sich ein Beitrag im Mittagsjournal am 22.12.

An sich sind diese flüchtigen organischen Moleküle der Bäume unbedenklich. Sind sie aber einmal in der Luft können sie zu Aerosolen verklumpen. Das wiederum fördert die Bildung von Feinstaub in der Luft, erklärt Karl. Vor allem, wenn in der Luft auch Stickoxide von Autoabgasen oder verbranntem Holz und Öl schwirren. Dieses komplexe Phänomen zeigt sich laut einer aktuellen Studie massiv im Südosten der USA. Hier sind Bäume maßgeblich für die allgemeine Feinstaubbelastung in der Luft verantwortlich. Gleichzeitig haben die gebildeten Aerosole auch einen positiven Einfluss - zumindest auf das Klima: Sie reflektieren nämlich das Sonnenlicht. „Das heißt, die kühlen das Klima, was an und für sich etwas Positives wäre.“

Neben Feinstaub auch Ozon

Was für das Klima einen Vorteil bringt, ist für die Luftqualität weniger gut. Sind neben den Baum-VOCs auch Stickoxide von Autoabgasen in der Luft, fördert das nämlich nicht nur die Feinstaubbildung. Vielmehr bildet sich bei dem Reaktionsprozess auch lungenschädliches Ozon. „Wenn Stickoxide in der Atmosphäre sind und man dort reaktive Substanzen, sogenannte VOCs hinzumischt, dann bilden sie sozusagen den Treibstoff für die Ozonchemie.“

Wie viel bodennahes Ozon gebildet wird, hängt unter anderem auch von der Reaktionsfreudigkeit der flüchtigen „Baummoleküle“ ab. Hier stechen vor allem Bäume in den USA sowie in den Tropen heraus. Anders als Bäume in Europa scheinen Bäume dort in großen Mengen ein spezielles Molekül auszustoßen, das viel schneller reagiert als Monoterpene - das sogenannte Isopren. Jährlich werden weltweit bis zu 600 Millionen Tonnen davon ausgestoßen. „Warum die Pflanzen dieses Molekül ausstoßen ist allerdings noch unklar. Für die Atmosphäre stellt Isopren den grössten und wichtigsten Anteil dar“, so der Atmosphärenchemiker.

Isopren in den USA zum Problem

Gerade im Südosten der USA sowie in Kalifornien wachsen zahlreiche dieser isoprenhaltigen Bäume, auch in der Stadt. Zusammen mit den Stickoxiden aus dem Straßenverkehr verursachten die Bäume hier ein regelrechtes Ozonproblem, erzählt Karl. Das will man nun in den Griff bekommen. „In Kalifornien wird z.B. nicht nur auf den Wasserhaushalt der Pflanzen geschaut, sondern auch darauf geachtet, dass Bäume gepflanzt werden, die z.B. kein Isopren oder Monoterpene emittieren.“

Viel wichtiger aber: Man setzt dort die Stickoxid-Emissionsgrenzwerte für den KfZ-Verkehr wesentlich niedriger an als allgemein in den USA vorgeschrieben, erklärt Karl. Nur so könne man letztlich effektiv die Luft in und um die Stadt rein zu halten. „Es gibt immer genügend VOC-Quellen, auch biogener Natur. Das heißt, was an und für sich eine fürs Management von Ozon eine viel wichtigere Rolle spielt, sind die Stickoxide“, erklärt der Atmosphärenchemiker.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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