Mehr Trinkwasser, mehr Umweltgift

Weltweit verwandeln rund 16.000 Entsalzungsanlagen ungenießbares Salzwasser in Trinkwasser. Die Umwelt nimmt dabei allerdings Schaden, wie eine Studie nachweist: Es fallen deutlich mehr giftige Rückstände an als bisher angenommen.

Es sei dringend nötig, bessere Entgiftungsverfahren zu entwickeln, nur dann lasse sich die Trinkwasser-Versorgung heutiger und künftiger Generationen sicherstellen, warnen Wissenschaftler um Seong-mu Kang von der United Nations University (Ontario) im Fachblatt „Science of The Total Environment“.

Globaler Wassermangel

Insbesondere in Regionen mit Wasserknappheit sind Menschen auf Trinkwasser aus Entsalzungsanlagen angewiesen. „Etwa 1,5 bis zwei Milliarden Menschen leben in Gegenden mit Wassermangel, in denen zumindest in Teilen des Jahres die verfügbaren Ressourcen nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken“, sagt Vladmir Smakhtin, einer der beteiligten Wissenschaftler.

Weltkarte: Standorte der Entsalzungsanlagen

UNU-INWEH

Insgesamt sind laut Studie 15.906 Entsalzungsanlagen in 177 Ländern der Welt in Betrieb (siehe Grafik). Sie produzieren täglich 95 Millionen Kubikmeter Süßwasser. Gut die Hälfte der Entsalzungskapazität sei im Mittleren Osten und Nordafrika lokalisiert, berichten die Wissenschaftler. Im Raum Westeuropa stehen die meisten Anlagen in Spanien.

Salzlösung enthält Chemikalien

Weltweit fallen den Forschern zufolge täglich 142 Millionen Kubikmeter Sole an - etwa 50 Prozent mehr als bisher vermutet. In einem Jahr käme so eine Menge zusammen, die ausreicht um die Fläche des US-Bundesstaates Florida gut 30 Zentimeter hoch zu bedecken, heißt es in einer Mitteilung zu der Studie.

Die Salzlösung hat einen gegenüber normalem Meerwasser deutlich erhöhten Salzgehalt. Außerdem enthält sie Chemikalien und gelöste Metalle. Die werden dem Salzwasser zugegeben, um etwa eine Verstopfung oder Beschädigung der Entsalzungsanlagen durch Anlagerung von unlöslichen Salzen oder Algen, Sand und Kleinstlebewesen zu verhindern. Kupfer und Chlor gehörten zu den problematischsten Beimengungen.

Ins Meer gepumpt

Was mit dieser Salzlösung geschieht, hängt unter anderem vom Standort der Entsalzungsanlage ab. Oft wird das Gemisch zurück ins Meer geleitet, teils wird es in andere Gewässer, in Tiefbrunnen oder Abflusskanäle oder zur Verdunstung in Soleteiche gepumpt.

Wasserbecken einer Entsalzungsanlage

JOSE LUIS ROCA / AFP

Entsalzungsanlage in Carboneras, Südspanien

Dies kann die betreffenden Ökosysteme erheblich schädigen, schreiben die Forscher. Der Sole-Zustrom senke den Sauerstoff und vermindere den Anteil gelösten Sauerstoffs in den Gewässern, erläutert der beteiligte Wissenschaftler Edward Jones. „Ein hoher Salzgehalt und verminderter Gelöst-Sauerstoffgehalt kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebewesen im Gewässer haben; die resultierenden ökologischen Effekte können über die gesamte Nahrungskette hinweg sichtbar werden.“

Recycling wäre möglich

Dabei bietet das Abfallprodukt auch wirtschaftliche Möglichkeiten, betonen die Forscher. Die enthaltenen Salze und Metalle - darunter Magnesium, Natrium, Calcium, Kalium, Brom, und Lithium - könnten zurückgewonnen und von der Industrie verwendet werden. Die Technologie sei jedoch nicht ausgereift und die Rückgewinnung derzeit nicht wettbewerbsfähig.

„Es besteht Bedarf, diese Forschung umzusetzen und ein Umweltproblem in eine ökonomische Chance zu verwandeln“, sagt Mitautor Manzoor Qadir. „Das ist vor allem wichtig in Ländern, die große Mengen Sole mit relativ wenig Effizienz produzieren - etwa Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Katar.“ Ein weiterer Nachteil der derzeit betriebenen Entsalzungsanlagen: Sie gelten als sehr energieintensiv.

science.ORF.at/dpa

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