Eis von Grönland schmilzt schneller

Das Eis Grönlands schmilzt schneller als bisher gedacht, und das wird das Ansteigen des Meeresspiegels beschleunigen: Das berichten US-Forscher nach der Analyse von Satellitendaten.

Seit 2003 liefert der Doppelsatellit “Grace“ Daten zu den Eismassen der arktischen Insel. Bis 2016 hat Grönland demnach pro Jahr im Schnitt 280 Milliarden Tonnen Eis verloren, berichtet ein Forscherteam um Michael Bevis von der Ohio State University. Das entspreche einem Anstieg des Meeresspiegels von jährlich 0,76 Millimetern.

Die Eisverlustrate ist aber sehr unterschiedlich. So schmolz das Eis in Grönland 2013 viermal schneller als 2003, in den eineinhalb Jahren danach ging aber kaum Eis verloren.

Nicht nur Eisberge problematisch

Bisher habe man sich in der Forschung auf jene Teile Grönlands konzentriert, in denen die großen Gletscher liegen. Von ihnen brechen immer größere Teile ab und treiben dann im Atlantischen Ozean. Wie Bevis und seine Kollegen berichten, stammt der größte Teil des Eisverlustes aber aus Gegenden im Südwesten der Insel, in denen es gar keine großen Gletscher gibt. Offenbar schmilzt das Eis dort wegen der höheren Temperaturen, und das Eiswasser fließt über größere werdende Flüsse in den Ozean.

NASA-Video: Eismassenverlust in Grönland 2002-2016

„Wir kannten das große Problem von Eisbergen, die zunehmend von Gletschern abbrechen“, sagt Bevis in einer Aussendung der Ohio State University. „Aber jetzt erkennen wir ein zweites ernsthaftes Problem: Immer mehr Eis fließt als Schmelzwasser ins Meer.“ Der Meeresspiegel werde somit weiter steigen – ebenso die Risiken für Küstenstädte, die davon vorrangig betroffen sind.

‘Tipping-point‘ erreicht

Die Eisschmelze ist den Forschern zufolge ein Ergebnis der steigenden Temperaturen, ausgelöst durch die Klimaerwärmung. Dazu komme die Nordatlantische Oszillation, ein wiederkehrendes Wetterphänomen, das wärmere Luft nach Grönland bringt.

„Das Einzige, was wir tun können, ist uns anzupassen und die zukünftige Erwärmung zu verringern“, sagt Bevis. Was die Eisschmelze betrifft, sei bereits der „tipping-point“ erreicht – also der Umschlagpunkt, ab dem es kein Zurück mehr gibt. „Der Meeresspiegel wird in naher Zukunft immer stärker steigen. Mit Erreichen des ‘tipping-points’ stellt sich nur noch die Frage: Wie schlimm wird es werden?“

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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