Nationalismus im Weltraum: ESA-Chef „geschockt“

Die Weltraumforschung basiert auf internationaler Zusammenarbeit. Doch die wird zunehmend schwieriger, so der Chef der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Jan Wörner: „Ich bin manchmal geschockt, wir haben weltweit sehr starke nationale Kräfte.“

Nach dieser Kritik, geäußert am Rande einer Weltraumkonferenz in Brüssel, beschwor Wörner den Geist des Gemeinschaftlichen: Nationalismus - wie er derzeit etwa von der US-Regierung praktiziert werde - sei in der Weltraumforschung nicht besonders verbreitet. Die Bereitschaft zur Kooperation sei da. „Es gibt niemanden, der nicht will“, sagte Wörner. Die ESA arbeite nicht nur mit den USA zusammen, sondern etwa auch mit Russland, China, Japan und Australien. „Für uns gibt es kein ‚No‘. Überall sind die Türen offen.“

ESA-Chef Jan Wörner

APA/dpa/AFP

Macht sich Sorgen: ESA-Chef Jan Wörner

„Launenhafte politische Konjunktur“

Auch der Roskomos-Chef Dmitri Rogosin hatte die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA, der ESA und den Agenturen anderer Staaten zuletzt beschworen. Sie solle gefestigt werden und dem Druck einer „launenhaften politischen Konjunktur widerstehen“, sagte Rogosin russischen Medien zufolge am Montag. „Das ist zumindest das Ziel der Führung von Roskomos.“

Man dürfe sich nicht nur auf einen Transportweg ins All verlassen, sagte Rogosin. Auch Hilfe unter Kollegen sollte immer möglich sein. „Ich wünsche allen, dass unsere Träume von einer Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit im Kosmos wahr werden.“

„Zusammenarbeit statt Isolation“

Wörner begrüßte diese Äußerung: „Das bedeutet was für mich, weil ich es gut finde“, sagte er. „Seit 1975 existiert die ESA, und seit 1975 kooperieren wir. Und es funktioniert.“ Es sei gut, dass die Agenturen zum Teil dazu gezwungen seien, zusammenzuarbeiten. „Wenn im Moment nicht die Notwendigkeit bestünde, wäre die Frage, ob man das machen würde. Aber es ist doch toll, dass wir das machen.“

Ein amerikanisches Apollo-Raumschiff und eine russische Sojus hätten 1975 - mitten im Kalten Krieg - aneinander angekoppelt. „Das war damals irre.“ Die ESA ist derzeit am Bau des NASA-Raumschiffs Orion beteiligt, mit dem in einigen Jahren erstmals seit Jahrzehnten wieder Menschen den Mond umrunden sollen.

Den Vorwurf von Kritikern, manche Partner hielten sich nicht an die Menschenrechte, kann Wörner nachvollziehen. „Aber wenn wir dann aufhören wegen dieses Grundes zu kooperieren, dann isolieren wir, und Isolation ist politisch, glaube ich, nicht gut.“ Stattdessen müsse man weiter zusammenarbeiten - ohne die eigenen Werte aufzugeben. „Im Gegenteil: um unsere Werte zu stärken.“

science.ORF.at/dpa

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