Studie: Emanzipation führt zu mehr Homophobie

Mit zunehmender Gleichstellung der Geschlechter können sich Männer immer weniger auf alte Normen berufen, um ihre Identität zu begründen. Die Folge: Männer grenzen sich nun stärker von Homosexualität ab, wie Schweizer Forscher herausgefunden haben.

Vor der feministischen Revolution Ende der 1960er-Jahre war die Frage der Männlichkeit relativ klar: Maskulinität bedeutete Stärke, Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein zu zeigen. Und vor allem: sich nicht „typisch weiblich“ zu verhalten. Seither hat sich viel geändert: Frauen beanspruchen die zuvor typisch männlichen Eigenschaften auch für sich, und Männer dürfen und sollen Emotionen und Einfühlungsvermögen zeigen sowie Einsatz für die Familie. Die alte Männlichkeitsdefinition funktioniert nicht mehr.

Betonung der Heterosexualität

Um der Identitätskrise zu entkommen, stützen sich Männer laut einer Studie vermehrt auf ihre sexuelle Orientierung, berichten nun Forscher um Juan M. Falomir im Fachblatt „Sex Roles“. Der Sozialpsychologe von der Uni Genf hatte Probanden mit der Aussage konfrontiert, Männer seien noch nie so weiblich gewesen wie heute. Die Befragten lehnten daraufhin in weiteren Interviews Homosexualität stärker ab als Vergleichsgruppen - und betonten auch mehr ihre eigene Heterosexualität.

Dies gelte insbesondere für „traditionell“ eingestellte Männer, die ihre Selbstdefinition stark auf die Abgrenzung zum Weiblichen stützen („anti-feminine Norm“). Auf modern eingestellte Männer treffe das festgestellte Muster viel weniger zu, betont Falomir. An der Studie nahmen insgesamt 220 Männer teil.

Je mehr die Geschlechterunterschiede schwinden, desto schwerer hätten es „traditionelle“ Männer, mit dieser Gleichheit klarzukommen und weiterhin ihre Maskulinität zu konstruieren, sagt Falomir. Die Ergebnisse spiegeln sich laut den Forschern auch in der politischen Realität: Bei der Gleichstellung der Geschlechter gebe es in westlichen Gesellschaften Fortschritte, was die Rechte Homosexueller anlangt, gehe es indes zögerlich voran.

science.ORF.at/APA/sda

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