Schlaflose Nacht, schmerzhafter Tag

Wer Schmerzen hat, schläft schlechter. Doch auch umgekehrt gilt: Wer schlecht schläft, hat am nächsten Tag mehr Schmerzen, wie nun US-Forscher berichten. Sie haben die Vorgänge im Gehirn geklärt, die für diesen Zusammenhang verantwortlich sind.

„Unsere Studie zeigt, dass mangelnder Schlaf unser Schmerzempfinden erhöht“, sagt der Neurowissenschaftler Matthew Walker von der University of California in Berkeley. „Deshalb sollte man den Schlaf in der Therapie viel wichtiger nehmen, speziell im Krankenhaus.“

Schmerzgrenze wird niedriger

Der US-Forscher hat den Zusammenhang mit Kollegen in zwei Studien untersucht, von denen sie nun im „Journal of Neuroscience“ berichten. Für die erste Studie baten sie 25 Erwachsene ins Labor und überprüften deren persönliche Schmerzgrenzen. Dazu erhöhten sie langsam die Temperatur rund um ihre nackten Unterschenkel und überprüften, ab wann die Empfindung als schmerzhaft empfunden wurde. Im Schnitt war das bei rund 44 Grad Celsius der Fall.

Dann hielten die Forscher die Probanden eine Nacht lang wach und wiederholten den Schmerztest. Im Schnitt lag die Schmerzgrenze dann bei 41,7 Grad – die schlaflose Nacht hatte das Schmerzempfinden also verstärkt.

Laut den Forscher erhöht sich die Aktivität des somatosensorischen Cortex nach einer schlaflosen Nacht um 126 Prozent

Matthew Walker und Adam Krause

Laut den Forschern erhöht sich die Aktivität des somatosensorischen Cortex nach einer schlaflosen Nacht um 126 Prozent

In beiden Fällen untersuchten die Forscher die Vorgänge im Gehirn der Studienteilnehmer mittels Magnetresonanztomographie. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede. So war der somatosensorische Kortex, der u.a. Schmerzempfindungen verarbeitet, nach der schlaflosen Nacht deutlich aktiver. Umgekehrt waren das Belohnungszentrum im Gehirn (nucleus accumbens) und die für die Bewertung von Schmerzsignalen zuständige Region (Inselrinde) weniger aktiv.

„Schlafmangel verstärkt nicht nur die schmerzempfindlichen Teile des Gehirns, sondern blockiert auch die natürlichen Zentren, die Schmerzen erträglicher machen“, erklärt Matthew Walker in einer Aussendung.

Krankenhaus – ein schlechter Ort zum Schlafen

In der zweiten Studie haben die Forscher online 230 Erwachsene über ihre Erfahrungen zu Schmerz und Schlaf befragt. Resultat: Schon etwas weniger Schlaf in der Nacht reicht aus, damit Schmerzen am Tag darauf deutlich stärker wahrgenommen werden.

Der optimistische Schluss der Studie laut Walker: „Schlaf ist ein natürliches Schmerzmittel.“ Die Sache hat aber zumindest eine Kehrseite. „Ironischerweise ist genau der Platz, wo Menschen am meisten Schmerzen empfinden, jener, wo sie am schlechtesten schlafen – nämlich das laute Spitalszimmer.“ Ausreichend Schlaf als Beitrag zur Gesundung solle deshalb genau dort stärker mitbedacht werden.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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