Extremkälte durch flatternden Jetstream

Eine historische Kältewelle hat den Mittelwesten der USA fest im Griff. Die Ursache ist bekannt: Der Jetstream, also der Starkwind in höheren Luftschichten, schwingt derzeit sehr stark. Hat das auch etwas mit dem Klimawandel zu tun?

Für Donald Trump war diese Frage kürzlich Anlass für eine Spottbotschaft: „Was zum Teufel ist mit der Erderwärmung los? Bitte komm schnell zurück, wir brauchen dich“, schrieb der US-Präsident auf Twitter. Die US-Klimabehörde NOAA entgegnete kurz darauf: „Winterstürme sind kein Beweis dafür, dass es keine globale Erwärmung gibt.“

Man kann die Frage freilich auch andersrum stellen: Werden solch extreme Kältewellen durch den Klimawandel vielleicht sogar wahrscheinlicher? Hier antworten die Experten der NOAA wie auch anderer Institutionen deutlich vorsichtiger. Fazit: Das ist möglich - aber bewiesen ist es noch nicht.

Was ist die Ursache der Kältewelle?

Der massive Wintereinbruch wird durch den sogenannten Polarwirbel verursacht. Das ist ein gigantische Ansammlung sehr kalter Luft, die in 20 bis 25 Kilometern Höhe um den Nordpol kreist. Ihre Temperatur misst im Winter üblicherweise etwa minus 70 Grad Celsius. Normalerweise wird sie vom Jetstream - einer starken Windströmung in höheren Luftschichten - über der Arktis gehalten. Dieser aber kann „flattern“ oder sich abschwächen - und der Polarluft den Weg nach Süden eröffnen.

Grafik: Stabiler und schwingender Polarwirbel

NOAA

„Gelegentlich bewegt sich der Polarwirbel quasi in Kurven. Genau das passiert gerade“, sagt US-Experte Ben Kirtman von der Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Science in Miami. Wenn dieser Wirbel stark schwanke, könne „eine große Kaltluftblase sehr weit nach Süden vordringen“.

Ist das ungewöhnlich?

Solche Schwankungen der atmosphärischen Luftströmungen sind Kirtman zufolge üblich und liegen im Rahmen historischer Erfahrungswerte. „Der Jetstream weist immer Wellenbewegungen auf.“ Angetrieben wird er wesentlich von dem Temperaturunterschied zwischen kalten Polen und warmen Tropen. Je stärker das Gefälle, desto kräftiger ist der Jetstream - und desto besser hält er auch den Polarwirbel stabil.

So ist es zumindest in der Theorie, in der Praxis sind die Dinge noch etwas komplizierter: Denn auch ein zu starker Jetstream kann Kirtman zufolge instabil werden. Und auch dies führe eventuell dazu, dass der Starkwindgürtel und der Polarwirbel Wellen werfen.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Bekannt ist, dass sich die Arktis im Zuge des Klimawandels doppelt so schnell erwärmt wie der übrige Planet. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass dadurch die Temperaturdifferenz zwischen Polen und Tropen sinkt. Das könnte zu einer Abschwächung des Jetstreams führen und diesen anfälliger für Schwankungen machen. In der Folge könnte es zu häufigeren oder weitreichenderen Polarlufteinbrüchen in südlicheren Regionen kommen.

Niagarafälle zu Eis erstarrt

AP Photo/Nick LoVerde

So sehen derzeit die Niagarafälle im Bundesstaat New York aus

Forscher analysieren schon seit Jahren Daten, um den Zusammenhängen zwischen Klimawandel und Extremwettern nachzugehen. Bei Starkregenfällen, Hitzewellen, Dürren und Waldbränden fanden sie bislang die klarsten Hinweise. Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIk) etwa sehen zunehmende Belege dafür, dass die Erderwärmung die komplexen Zirkulationsmuster in der höheren Atmosphäre verzerrt und dadurch zu häufigerem „Blockadewetter“ mit anhaltenden Extrembedingungen führt. Gewissheit darüber herrscht bislang allerdings noch nicht.

Kirtman zufolge gibt es auch hinsichtlich der Schwankungen des Jetstreams und Verschiebungen des Polarwirbels bislang noch keine eindeutigen Antworten. „Es gibt einige Hinweise auf eine Verbindung zum Klimawandel. Aber ich würde betonen, dass das Urteil noch nicht feststeht.“

science.ORF.at/AFP

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