WHO: Krebsmedikamente zu teuer

Dank Fortschritten in der Medizin steigt die Überlebensdauer nach einer Krebsdiagnose stetig an. Allerdings steigen auch die Kosten für das Gesundheitssystem: Viele Medikamente sind zu teuer, kritisiert die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Die Preise für moderne Krebstherapien sind mitunter astronomisch, eine einzelne Dosis kann mehrere tausend Euro kosten. Die zuständigen Pharmafirmen verweisen bei der Preisgestaltung gerne auf ihre hohen Kosten für Forschung und Entwicklung, für klinische Studien und Arzneimittelprüfungen, die vor der Zulassung eines neuen Arzneimittels fällig werden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stellt dieses Argument in einem neuen Bericht jedoch in Frage.

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Gewinnspannen nicht gerechtfertigt

Die Vorab-Investitionen von Pharmafirmen seien zwar hoch, die enormen Gewinnspannen würden sie jedoch nicht rechtfertigen, sagt Suzanne Hill, Studienautorin von der WHO. „Für jeden investieren US-Dollar haben die Pharmafirmen durchschnittlich 14 Dollar zurückbekommen“, so Hill. Zwar sei nicht jedes Präparat so erfolgreich, aber die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stünden in keiner Beziehung zu den Verkaufspreisen.

Medikamente in Apothekenschrank

Daniel Reinhardt/dpa

Hill und ihr Team haben für die Studie 99 gängige Krebsmedikamente, deren Preise und Entwicklungskosten analysiert. Die 99 Präparate haben in den vergangenen 25 Jahren zu Einnahmen von mehr als 216 Milliarden Euro geführt.

„Wir wissen, dass nicht alle Patienten, die diese Krebsmedikamente haben wollen, sie auch bekommen“, sagt Hill. In Großbritannien komme es immer wieder vor, dass Therapien aus Kostengründen abgelehnt werden, obwohl es dort sogar einen Sondertopf für Krebstherapien gebe.

Nicht jedes Präparat wirkt

Kritik übt die WHO auch an den Medikamenten selbst: Einige hätten zwar große Fortschritte in der Krebstherapie gebracht, bei anderen Präparaten sehe die Bilanz jedoch schlecht aus. Die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie äußere regelmäßig Bedenken in Bezug auf neue Krebsmedikamente, heißt es im WHO-Bericht. Denn viele neue Präparate würden die Lebensdauer der Patienten nicht wirklich verlängern und hätten schwerste Nebenwirkungen.

Mehr Transparenz gefordert

Bei der Preisgestaltung fordert die WHO insgesamt mehr Transparenz. Die Pharmafirmen würden versuchen, ihre Entwicklungskosten möglichst geheim zu halten. Die Verhandlungen mit den Sozialversicherungen oder Gesundheitsbehörden der verschiedenen Länder fänden meist hinter verschlossenen Türen statt. Über die Verträge werde Stillschweigen vereinbart, kritisiert Hill.

Die WHO setzt sich deswegen für ein gemeinsames politisches Vorgehen aller EU-Staaten ein. Kleineren Ländern wie Österreich empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation sich bei den Preisverhandlungen mit Pharmaunternehmen mit anderen Ländern zusammenzuschließen. Denn je größer der Markt, desto besser die Verhandlungsposition.

Marlene Nowotny, Ö1 Wissenschaft

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