Solarzellen: Biegsam, leicht und billig

Solarzellen aus dem Mineral Perowskit zählen zu den Hoffnungsträgern der Photovoltaik. Die Flexibilität des Materials verspricht völlig neuartige Anwendungen: In Zukunft könnten sogar Zeltplanen oder faltbare Sonnenschirme Strom erzeugen.

Solarzellen aus Perowskit könnten in wenigen Jahren nicht nur als Solarpanele auf Dächer landen, sondern faltbar auf Markisen, Vorhängen oder Taschen im Alltag Einzug halten. Zwar läuft die Forschung an der möglichen Nachfolgegeneration heutiger siliziumbasierter Solarzellen erst seit kaum zehn Jahren - dies aber auf Hochtouren, wie Chemiker Gregor Trimmel von der Technischen Universität Graz sagt, der ebenfalls an dieser Technologie forscht. Denn man hofft, die „traditionellen“ Solarzellen mit einer preiswerteren und vielseitig einsetzbaren Alternative ersetzen zu können, und damit die Energiewende - weg von fossilen Energieträgern - zu beschleunigen.

Von „Alchemie“ zur Wissenschaft

Heutige Solarzellen sind sehr aufwändig in ihrer Herstellung, erklärt Trimmel. Die Perovskit-Solarzellen hingegen kann man durch Mischen verschiedener Salze in einer Lösung herstellen und auf einen Untergrund wie zum Beispiel Plastik aufbringen. Das Ergebnis ist eine wenige hundert Nanometer dünne Schicht. Und genau das macht es auch schwierig und aufwändig, die Prozesse bei der Materialbildung zu beobachten und die Mischung dann so zu verfeinern, dass die Solarzelle effizienter wird. „Das ist ein bisschen wie ein alchemistisches Rezept, man hat eigentlich alles dazugegeben, aber nicht genau gewusst, wie diese Salze sich abscheiden“, erklärt Trimmel.

Jetzt hat ein Forschungsteam mehrerer US-amerikanischer Universitäten die aufwändigen Analysen auf der Nanoskala geliefert. Sie zeigen, wo sich Fehler in der kristallinen Struktur bilden können – eine Art Handbuch der bekannten Mischungen.

Gewinnversprechend, aber mit Hürden

Die Analyse liefert ein wichtiges Werkzeug für die weitere Forschung, denn die Industrie kann es kaum abwarten. Die Möglichkeiten sind verlockend: Man könnte in der Produktion wohl Rollen voll mit Solarzellen maschinell vom Band laufen lassen, industrialisierter und preiswerter als heutige Herstellungsprozesse.

Forscher hält eine biegsame Solarzellen zwischen den Fingern

Rob Felt, Georgia Tech

Perowskit-Solarzelle

Durch die Flexibilität des Materials finden sich möglicherweise ganz neue Alltagsanwendungen: Zeltplanen oder faltbare Sonnenschirme, die Schatten genauso wie Energie spenden. Allerdings gibt es noch zwei größere Probleme: Die Laborsolarzellen sind selten größer als ein Quadratzentimeter. Es ist also nicht sicher, ob sich das Material bei gleicher Qualität und mit den gleichen Methoden auch großflächig aufbringen lässt.

Saubere Energie und neues Umweltrisiko?

Noch bedeutsamer: Die neuartigen Solarzellen werden alle mit Blei hergestellt, ein Gesundheits- und Umweltrisiko, das noch nicht viel diskutiert wird, wie Trimmel meint: "Wenn man Perowskit-Solarpanele auf dem Dach oder auf einem Feld stehen hat, kann wahrscheinlich fast nichts passieren, weil darin sehr wenig Blei enthalten ist. Aber in der Produktion natürlich - wo man konzentriert mit Bleisalzen arbeitet - ist das doch ein Problem, das auch gelöst werden muss.“ Daran arbeitet übrigens Gregor Trimmel selbst – er forscht an Alternativen, die das Blei in Perowkskit-Solarzellen ersetzen könnten.

Wobei auch Trimmel nicht denkt, dass man auf keinen Fall mit Blei arbeiten sollte. Aber wenn man eine neue Technologie mit Bleigehalt auf den Markt bringt, während man versucht Elektronik und Batterien bleifrei herzustellen, müsse man gut abwägen. Im Moment mag es natürlich wichtiger scheinen, schnell von fossiler Energie und deren Treibhausgasemissionen wegzukommen. Vorsichtmaßnahmen und Richtlinien müsse man dennoch diskutieren, bevor es zur industriellen Herstellung der neuen Solarzellen kommt.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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