Wie Schlaf bei Infekten hilft

Bei Infekten ist Schlaf die beste Medizin – denn er hilft den Immunzellen, die Krankheitserreger zu bekämpfen. Deutsche Forscher haben nun herausgefunden, was dabei in den Zellen vorgeht.

Gerade in der Erkältungszeit geht es vielen so: Kaum schläft man ein oder zwei Nächte schlecht, fängt man sich am nächsten Tag einen Schnupfen ein. Dass zu wenig Schlaf das Immunsystem schwächt, ist hinlänglich bekannt und empirisch belegt: So konnten US-amerikanische Forscher etwa zeigen, dass Menschen, die weniger als sechs Stunden schlafen, viermal häufiger eine Erkältung erwischen als solche, die mindestens sieben Stunden schlafen.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 13.2., 13:55 Uhr.

Warum das so ist, hat nun ein Team um Stoyan Dimitrov und Luciana Besedovsky von der Universität Tübingen genauer erforscht. Eine wichtige Rolle spielen dabei bestimmte Immunzellen, die sogenannten T-Zellen. Diese aktiviert der Körper, wenn er gegen Infekte kämpft – sie spüren Krankheitserreger auf und töten sie dann ab. Dazu schütten die T-Zellen bestimmte Proteine, sogenannte Integrine aus, mit denen sie sich an die infizierten Zellen anheften und sie dann „auffressen“ können.

Für die nun im „Journal of Experimental Medicine“ erschienene Studie haben die Wissenschaftler erforscht, was die Ausschüttung von Integrinen und damit die Fähigkeit der Immunzellen, sich an ihr Ziel zu heften, hemmt. Sie konnten zeigen, dass dabei eine bestimmte Molekül-Gruppe eine wichtige Rolle spielt. Diese Moleküle, darunter etwa die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Prostaglandin, halten demnach die T-Zellen davon ab, Integrine zu aktivieren.

Ruhe für die Immunzellen

Der Spiegel dieser Hormone fällt im Schlaf ab - deswegen können die Immunzellen dann besser arbeiten. Um das zu zeigen, haben die Forscher T-Zellen von zehn gesunden Frauen und Männern entnommen: Einmal, während sie einen normalen Schlafrhythmus hatten, und einmal, während sie in der Nacht wachbleiben mussten. Im ersten Fall hatten die T-Zellen signifikant höhere Integrin-Levels im zweiten. Schlaf verbessert demnach die Fähigkeit der Immunzellen, sich an kranke Zellen zu heften und diese abzutöten: „Wir haben gezeigt, dass Schlaf ganz spezifisch dieses Andocken an andere Zellen, zum Beispiel infizierte Zellen, fördert,“ so Studienautorin Luciana Besedovsky gegenüber science.ORF.at.

Mit ausreichend Schlaf könne man also gezielt die Abwehrkräfte stärken: „Schlaf ist wichtig, nicht nur, aber natürlich besonders in der Erkältungszeit. Man sollte versuchen, genügend Stunden zu schlafen, damit man tagsüber fit ist für all die Erreger, die dann möglicherweise kommen,“ erklärt Besedovsky. Wie viele Stunden das sind, sei individuell unterschiedlich, für die meisten Menschen sind aber sieben bis neun Stunden pro Nacht ideal, so die Forscherin.

Neue Therapien möglich

Die Menge der Moleküle, die die Integrinaktivierung hemmen, sind aber nicht nur bei Schlaflosigkeit erhöht, sondern auch bei Stress oder bei Krankheiten wie Krebs und Malaria, so Studienautor Dimitrov in einer Aussendung. Auch in diesen Situationen würden die Immunzellen deswegen schlechter arbeiten. Die Erkenntnisse der Studie könnten daher auch den Weg für die Entwicklung neuer Therapien ebnen, schreiben die Forscher – etwa für die Immuntherapie bei Krebs, um körpereigene T-Zellen anzuspornen, die Tumorzellen zu bekämpfen.

Julia Geistberger, science.ORF.at

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