Wie Lignano-Wurm „Sekundenkleber“ herstellt

An der Küste der Urlauberstadt Lignano lebt ein besonderer Plattwurm. Damit er vom Meer nicht weggespült wird, haftet er mit einem „Sekundenkleber“ am Boden. Wie der Wurm das macht, haben nun Innsbrucker Forscher herausgefunden.

Innsbrucker Forscher wollen daraus einen Medizinkleber entwickeln, mit dem man etwa Schnitt- und Operationswunden kitten kann.

Hält sich an Sandkörnern fest

Die heute in der Medizin verwendeten Klebstoffe wie Cyanacrylat-Superkleber sind teils giftig und krebserregend, erhitzen sich beim Aushärten und haften nicht besonders gut auf feuchtem Körpergewebe. Deshalb suchen Forscher weltweit nach Alternativen in biologischen Organismen, die sich irgendwo anhaften.

Wie Peter Ladurner vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck und Kollegen nun in einer Studie berichten, ist der vor knapp 25 Jahren in Lignano entdeckte, 1,3 Millimeter kleine Plattwurm Macrostomum lignano so eine Alternative. Der Wurm besitzt Haftorgane an seinem Schwanz, die Bläschen mit Klebstoff und Lösemittel enthalten. Damit kann er sich an Sandkörnern befestigen und davon auch wieder loskommen.

Die winzigen Plattwürmer unter dem Mikroskop

ORF

Die Plattwürmer unter dem Mikroskop

Der Klebstoff besteht aus zwei Komponenten, berichten die Forscher, und zwar aus den Eiweißstoffen „Mlig-ap1“ und „Mlig-ap2“. Mlig-ap2 ist die eigentliche Klebesubstanz, die der Wurm quasi auf die Oberfläche aufträgt, an der er anhaften möchte. Mlig-ap1 verbindet das aufgebrachte Mlig-ap2 mit fadenförmigen Zellfortsätzen, die das Tier am Haftorgan trägt, erklärte Ladurner. Indem er irgendeine kleine, negativ geladene Substanz ausscheidet, die die Haftfähigkeit von Mlig-ap1 verringert, kann der Wurm die Verbindung wieder lösen.

Zwei Gene aus Schwanz identifiziert

Weil der Lignano-Wurm und seine Haftorgane winzig sind, konnten die Forscher ihm nicht direkt Kleber entnehmen und die Zusammensetzung analysieren. Sie sequenzierten deshalb zunächst alle seine Gene. Dann amputierten sie bei einigen Würmern die Schwanzplatte und untersuchten, welche Gene in den übrig gebliebenen Körperteilen aktiv sind.

Von rund 100.000 waren dies 99.700, so Ladurner. Es blieben also 300 übrig, die nur in der Schwanzplatte wichtig sind, erklärte er. Die Forscher analysierten, in welchen Schwanzzellen diese 300 Gene abgelesen werden. 298 davon waren vorwiegend in den Reproduktionsorganen angeschaltet und nur zwei in den Klebezellen. Dies waren die beiden Komponenten des Bio-Sekundenklebers Mlig-ap1 und Mlig-ap2.

Lignano-Wurm unter dem Elektronenmikroskop

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Detailaufnahme des Lignano-Wurms

Unklar ist noch, welche Teile der recht großen Eiweißstoffe wirklich für das Kleben zuständig sind. Die Forscher wollen nun Teile davon herauspicken, einzeln auf eine Trägersubstanz aufbringen und testen. Aus den aufs Wesentliche reduzierten Mlig-ap1- und Mlig-ap2-Teilen wollen sie schließlich einen Klebstoff für medizinische Einsatzmöglichkeiten entwickeln.

science.ORF.at/APA

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