Herz treibt Schrittmacher an

Weil ihre Batterie schwach wird, müssen Herzschrittmacher alle paar Jahre ausgetauscht werden. Das birgt - wie jede Operation - ein Risiko für Komplikationen. Forscher arbeiten daher an batterielosen Alternativen, die mit der Energie des Herzschlags betrieben werden.

Ein unregelmäßiger Herzschlag oder Vorhofflimmern - wenn das Herz nicht im optimalen Rhythmus schlägt, braucht es einen künstlichen Taktgeber. Das Einsetzen eines solchen Schrittmachers ist mittlerweile ein Routineeingriff. Wie bei jeder Operation gibt es aber Risiken, so können etwa Infektionen oder Blutungen auftreten. Und das mehrmals, denn die Batterie von herkömmlichen Herzschrittmachern hält nur fünf bis zwölf Jahre, danach müssen die Geräte operativ ausgetauscht werden.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 21.2., 13:55 Uhr.

In den vergangenen Jahren gab es daher vermehrt Bemühungen, langlebigere Schrittmacher zu entwickeln, die keine Batterien benötigen. Denn eigentlich ist das Herz selbst eine effektive Energiequelle – wenn es pulsiert, wird kinetische Energie freigesetzt. Wie chinesische Forscher in einer aktuellen Studie im Journal ACS Nano schreiben, konnten derartige Geräte bei bisherigen Versuchen aber zu wenig Energie aus dem pochenden Herzen umwandeln, um sich selbst zu versorgen. Dem Team um Bin Yang und Hao Zhang von der Universität Shanghai könnte nun ein entscheidender Schritt gelungen sein: Sie haben einen Schrittmacher entwickelt, der direkt mit der Energie des Herzschlages angetrieben wird und keinen externen Energiespeicher benötigt.

Neuartiger Herzschrittmacher

American Chemical Society

Neuartiger Herzschrittmacher

An Schweinen, deren Herz ähnlich wie funktioniert wie das von Menschen, haben sie die einzelnen Komponenten bereits erfolgreich getestet – der fertige Schrittmacher soll in weiteren Studien erprobt werden. Auch Forscherinnen und Forscher um John Zhang vom Dartmouth College in New Hampshire haben kürzlich einen Schrittmacher entwickelt, der die Bewegungsenergie des Herzschlages in elektrische Energie umwandelt und sich damit selbst auflädt.

Herz versorgt Herzschrittmacher

Beide Modelle beruhen auf dem Prinzip der Piezoelektrizität, bei dem durch die Verformung von elastischen Festkörpern elektrische Spannung erzeugt wird. So produziert etwa bei der chinesischen Studie ein elastisches Skelett aus Kunststoff in Kombination mit feinen piezoelektrische Komponenten Energie, wenn das Herz pulsiert. Im Tierversuch verformte das pochende Herz dieses elastische Skelett tatsächlich so, dass ausreichend Energie freigesetzt wurde, um einen künstlichen Taktgeber zu speisen.

Das Implantat sei etwa drei Zentimeter groß und produziere gleich viel Energie wie ein konventioneller, batteriebetriebener Herzschrittmacher, so die Forscher. „Unsere Studie demonstriert, dass durch den piezoelektrischen Effekt ein Selbstantrieb möglich ist“, so Bin Yang gegenüber science.ORF.at. Beide Forscherteams gehen davon aus, dass ihre Geräte in etwa fünf Jahren in klinischen Studien bei Menschen eingesetzt werden können. Auch für andere biomedizinische Implantate könnte man die Technologie demnach in Zukunft nutzen.

Julia Geistberger, science.ORF.at

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