Wie sich Musik auf die Konzentration auswirkt
Die Kunst des Experiments besteht bekanntlich darin, die Welt in eine simple und dennoch aussagekräftige Laborsituation zu verwandeln. Das heißt auch: Kompromisse zu machen. Im Fall des Versuchs, den die beiden Psychologen Manuel Gonzalez und John Aiello durchgeführt haben, ist der Kompromiss zunächst ästhetischer Natur.
Die Begleitmusik für ihre Untersuchung würde man wohl am ehesten im Fahrstuhl verorten. Das war natürlich beabsichtigt, weil die Forscher mit diesem simplen Ausgangsmaterial auch die musikalische Komplexität kontrollieren konnten. Ob man sich das auch im echten Leben anhören würde, ist freilich eine andere Frage.
Positiver und negativer Effekt
Jedenfalls wollten die beiden herausfinden, ob Begleitmusik die kognitive Leistungsfähigkeit hemmt oder fördert. Das Ergebnis in einem Satz: Es ist kompliziert.
Studie
„More than meets the ear: Investigating how music affects cognitive task performance“, „Journal of Experimental Psychology“
Die Langversion geht so: Gonzalez und Aiello baten 142 Studentinnen und Studenten ins Labor und führten zunächst den „boredom proneness scale test“ durch. Mit diesem Test lässt sich bestimmen, wie viele neue Reize ein Mensch benötigt, um nicht in Langeweile zu verfallen. Davon ausgehend teilten die Psychologen ihr Probanden in zwei Gruppen, Gelangweilte (G) und Nichtgelangweilte (N).

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Dann folgte das eigentliche Experiment, eine simple Aufgabe (den Buchstaben A in Texten markieren) und eine etwas schwierigere (erlernte Wortpaare vervollständigen). Beides mit und ohne Musikbegleitung, und wenn mit einer solchen, dann auch in verschiedenen Lautstärken und Komplexitätsgraden. Fazit: Die Leute aus der G-Gruppe schnitten bei den Tests grundsätzlich besser ab, aber die Musik wirkte sich auf ihre Leistung eher hemmend aus. Bei der N-Gruppe war sie hingegen oft förderlich.
Das ist eigentlich das Gegenteil von dem, was man erwarten würde, eine Erklärung haben Gonzalez und Aiello dennoch parat. Sie argumentieren, dass sich die Gelangweilten zumindest bei der komplizierteren Aufgabe bereits in ihrem Wohlfühlbereich befanden und sich daher von der Musik unnötig ablenken ließen. Musik kann also bei geistiger Arbeit stören - aber sie lenkt nicht per se ab. Manchmal hilft sie sogar. Eine einfache Regel für alle und alles gibt es offenbar nicht. Und dann wäre noch die Frage der Musikstile zu klären. Jenseits von Fahrstuhlinstrumental gäbe es noch reichlich Material für Folgestudien.
Robert Czepel, science.ORF.at