2032 fällt die Zweistundenmarke

Zwei Stunden, eine Minute, 39 Sekunden: So lautet der aktuelle Weltrekord der Männer im Marathon. Statistiker haben nun errechnet, wann die Schallmauer der zwei Stunden durchbrochen wird. Im Mai 2032 soll es demnach so weit sein.

Das sagt zumindest die Statistik, die der Datenwissenschaftler Simon Angus von der australischen Monash Universität erstellt hat. Geht es nach dem Studienautor, ist es erfahrungsgemäß aber wahrscheinlicher, dass die Zweistundenmarke nicht im Mai, sondern im September 2032 in Berlin fällt. Immerhin wurden die letzten sieben Weltrekorde seit 2003 alle in Berlin erlaufen.

Studie

“A statistical timetable for the sub-2 hour marathon”, Medicine & Science in Sports & Exercise, 26.2.2019

Den letzten stellte der Kenianer Eliud Kipchoge im Vorjahr mit 2:01:39 auf. Laut dem Forscher liegt das an den perfekten Voraussetzungen in der deutschen Hauptstadt: Der Kurs ist flach, der Wind zu dieser Jahreszeit schwach und die Temperatur nahe der Idealtemperatur von zwölf Grad Celsius. „Schon kleinste Veränderungen können hier große Auswirkungen haben“, erklärt Simon Angus.

“Die letzten 100 Sekunden werden härter“

Dass Läufer immer schneller werden, liegt unter anderem daran, dass sich die Trainingsmethoden sowie die Laufschuhe immer wieder verbessert haben, man immer mehr darüber weiß, was das ideale Schritttempo ist und sich die Läufer noch effizienter ernähren und psychologisch vorbereiten. Schreiten die Entwicklungen im Laufsport weiterhin so voran wie bisher, fällt 2032 der Zweistundenrekord in einem offiziellen Marathon mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa zehn Prozent.

„Beim Berlin-Marathon 2018 lagen die Chancen bei etwa zwei Prozent. Die letzten 100 Sekunden werden nun aber wesentlich härter. Große Sprünge sind hier nicht mehr zu erwarten“, erklärt der Australier und verweist auf die Entwicklungen in der Marathongeschichte. Während der Brite Jim Peters im Jahr 1952 mit 2:20:42 den Weltrekord stellte, war die Bestmarke zehn Jahre später schon über sechs Minuten schneller. Zwischen 2003 und 2018 gab es zwar sieben neue Weltrekorde, der Sprung von Rekord zu Rekord betrug meist aber nur Sekunden, in Summe waren es knapp drei Minuten.

Der Kenianer Eliud Kipchoge gewinnt den Berlin-Marathon 2018 in 2:01:39 Stunden

APA/dpa/Soeren Stache

Der Kenianer Eliud Kipchoge gewinnt den Berlin-Marathon 2018 in 2:01:39 Stunden

Bei 1:58:05 ist Schluss

Einmal ist Eliud Kipchoge der Zweistundenschallmauer schon sehr nahegekommen: Im Mai 2017, bei einem inoffiziellen Marketinglauf eines großen Sportartikelherstellers, blieb der Olympiasieger nur 25 Sekunden darüber. „Es ist durchaus denkbar, dass die Marke in einem inoffiziellen Versuch früher fällt“, sagt Simon Angus. „Es werden hier aber Methoden herangezogen, die in einem offiziellen Marathon nicht erlaubt sind. Es wird also auch danach noch spannend bleiben, wann der erste die Marke aus eigener Kraft unterbietet.“

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 27.2., 7:00 Uhr.

Die Rekordjagd hat allerdings so oder so ein Ende. Laut den Berechnungen von Angus ist bei einer Zeit von 1:58:05 Schluss. Schneller kann der Mensch die Marathonstrecke nicht laufen, zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch andere Forscher. „Es spricht einiges dafür, dass dieser Rekord wie schon in der jüngeren Vergangenheit von einem Läufer aus Kenia oder Äthiopien aufgestellt wird“, so Angus.

Zudem muss ein Läufer für eine Fabelzeit wie diese über einen effektiven sowie perfekt gleichmäßigen Laufstil verfügen, schon in jungen Jahren überdurchschnittlich viel Sport gemacht haben, somit eine hohe Laktatschwelle haben und mental enorm stark sein. „Wenn man den Marathon mit so einem Schritttempo läuft, hat man über zwei Stunden entweder Angst, dass man zu schnell läuft und man irgendwann stehen bleiben muss, oder, dass man zu langsam ist. Man läuft also in einem Zustand der Ungewissheit und das ist sehr anstrengend.“ Zudem sehen manche einen kleine Körpergröße als Vorteil für den Unter-Zwei-Stunden-Lauf.

Der spätere Sieger Eliud Kipchoge in einer Gruppe von Spitzenläufern beim Berlin-Marathon 2018

John MACDOUGALL / AFP

Schrittmacher und Kipchoge beim Berlin-Marathon 2018

Schallmauer bei Frauen: 2:07:33

Anders als bei den Männern liegt die Chance, dass eine Frau die Zweistundenmarke knackt nur bei einem Prozent. „Die Chancen sind zehnmal geringer als bei Männern.“ Die mögliche absolute Bestmarke bei Frauen liegt laut Angus bei 2:05:31. „Die Zweistundenschwelle der Männer entspricht bei Frauen etwa 2:07:33. Das klingt für mich aber nach keiner Zeit, auf die man sich gut fokussieren kann. Also würde ich vorschlagen, man setzt die äquivalente Grenze bei 2:10:00.“

Dafür müssen sich die Frauen allerdings noch stark steigern, denn der letzte Rekord liegt aktuell bei 2:15:25. „Es ist erstaunlich, denn dieser Rekord steht seit 2003. Anders als bei den Männern sind Frauen aus Ostafrika auch nicht schneller als europäische Eliteläuferinnen im Feld. Das wirft schon Fragen auf und lässt vermuten, dass es hier unter Umständen Mechanismen gibt, die Frauen weniger fördert oder gar behindert. Das müsste man aber genauer untersuchen.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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