Ohne Luftschadstoffe 5,5 Mio. Todesfälle weniger

Es ist nur eine neue Modellberechnung, aber eine mit deutlichen Zahlen: Würde man den Ausstoß von Schadstoffen komplett vermeiden, gäbe es weltweit pro Jahr 5,5 Millionen Todesfälle durch Luftverschmutzung weniger.

3,6 Millionen Todesfälle pro Jahr wären weltweit allein durch einen Stopp beim Gebrauch fossiler Brennstoffe vermeidbar. Gelänge es, auch andere Quellen der Luftschadstoffe - zum Beispiel in der Landwirtschaft - stillzulegen, käme man auf weitere 1,9 Millionen verhinderbare Todesfälle.

Zu diesem Ergebnis kommen jetzt Jos Lelieveld vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und seine Co-Autoren in einer aktuellen Studie, die am Montag im Fachjournal „PNAS“ veröffentlicht worden ist.

Rund 10.000 Todesfälle in Österreich

Die Wissenschaftler stellten fest, dass allein die Verbrennung von fossilen Brennstoffen durch die dadurch entstehenden Luftschadstoffe für 65 Prozent der vorzeitigen Todesfälle durch diese Belastungen verantwortlich ist. Allein für Deutschland errechneten sie, dass man durch konsequente Emissionsreduktionen jedes Jahr 115.000 vorzeitige Todesfälle verhindern könnte – umgerechnet auf Österreich wären das rund 10.000. Hier geht es besonders um die Belastung mit Feinstaub aus Verbrennungsprozessen.

Vermeidbare Todesfälle durch Luftverschmutzung, verursacht durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe (je dünkler, desto höhere Todesraten)

Max Planck Institut für Chemie

Vermeidbare Todesfälle durch Luftverschmutzung, verursacht durch Verbrennen fossiler Brennstoffe (je dünkler, desto höhere Todesraten)

Weniger Aerosole, weniger Kühlung

Die Wissenschaftler kalkulierten bei möglichen künftigen Klimaentwicklungen auch den Wegfall des Kühlungseffektes ein, welcher durch die Aerosole aus den Verbrennungsprozessen fossiler Brennstoffe etc. gegeben ist. Bei Vermeidung anthropogener Emissionen würde dieser Kühlungseffekt ausbleiben, dennoch aber „nur“ zu einem durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg von 0,36 Grad Celsius führen, da gleichzeitig auch die Emissionen von Treibhausgasen massiv zurückgehen würden. Gleichzeitig käme es zu vermehrten Niederschlägen in von Trockenheit besonders betroffenen Regionen in Afrika, China, Indien und Zentralamerika.

Die Autoren glauben, dass bei einem Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energien bis zur Mitte des Jahrhunderts zumindest ein Ziel erreicht werden könnte: Die Begrenzung der Klimaerwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius im Zeitraum bis zum Jahr 2100 im Vergleich zu den Werten vor der industriellen Revolution, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen vorsieht. Das Erreichen eines Ziels von nur plus 1,5 Grad Celsius erscheine unwahrscheinlich.

Methodisch genauer

„Diese Studie bestätigt erneut, dass die Vermeidung der Luftverschmutzung - sei es durch rigorose Minderung der Schadstoffemissionen oder wie in diesem Beispiel die Abkehr von fossilen Brennstoffen - von großer volksgesundheitlicher und somit volkswirtschaftlicher Bedeutung ist“, urteilt Nino Künzli, Vizedirektor des Schweizerischen Tropen und Public Health Instituts in Basel, in einer Stellungnahme.

"Die fossilen Brennstoffe sind seit Langem als eine sehr wichtige Ursache der Luftverschmutzung bekannt. Der große Beitrag der Luftverschmutzung an der globalen Krankheitslast wurde ebenfalls in vielen Studien belegt.“ Im Gegensatz zu früher sei bei der aktuellen Studie die Situation in besonders schwer belasteten Regionen wie in China und Indien berücksichtigt worden.

„Diese methodische Korrektur zeigt, dass die Folgen der Feinstaubbelastungen in bisherigen Studien eher unterschätzt wurden. Lelieveld und die anderen Autoren zeigen, dass der Gesamtnutzen einer rigorosen Luftreinhaltepolitik noch größer sein dürfte als bisher geschätzt wurde“, so Künzli.

science.ORF.at/APA

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