Die Todesliste des Amphibienkillers

Seit Jahrzehnten macht eine aggressive Pilzerkrankung Amphibien auf der ganzen Welt zu schaffen. Die bisher genaueste Abrechnung zeigt: 90 Arten sind wegen des Pilzes ausgestorben, mehr als 500 betroffen.

Zusammengetragen hat die Daten ein Team um Ben Scheele von der Australian National University in Canberra für eine Studie, die soeben im Fachmagazin „Science“ erschienen ist. Die Krankheit Chytridiomykose, unter der die Tiere leiden, stammt wahrscheinlich aus Asien, wo lokale Amphibien resistent dagegen zu sein scheinen. Betroffen ist beispielsweise der Frosch Duellmanohyla soralia, der in Honduras vorkommt.

Duellmanohyla soralia

Jonathan E. Kolby, Honduras A mphibian Rescue & Conservation Center

Duellmanohyla soralia

Scheele macht den Menschen für die Ausbreitung des Pilzes verantwortlich: „Die Globalisierung und der Handel mit Wildtieren sind die Hauptursachen dieser globalen Pandemie und ermöglichen die weitere Ausbreitung von Krankheiten.“

Aus Roten Listen, Fachliteratur und Gesprächen mit Amphibienexperten aus aller Welt haben die Forscher eine Übersicht über die Auswirkungen der Chytridiomykose erstellt. Verursacht wird die Krankheit durch Batrachochytrium dendrobatidis, einem Pilz, der zu einer Gruppe von sonst harmlosen Boden- und Wasserpilzen gehört. In einem Fall, beim Feuersalamander ist der Erreger ein Pilz derselben Gattung (Batrachochytrium salamandrivorans), der erst 2013 entdeckt wurde.

Von der Krankheit betroffen sind vor allem Frosch- und Schwanzlurche in Mittel- und Südamerika sowie Australien. In den übrigen Erdteilen ist der Pilz zwar vorhanden, löst aber nur bei wenigen Arten die Krankheit aus.

Liste der Risikofaktoren

Insgesamt zeigt sich die Chytridiomykose bei 6,5 Prozent der wissenschaftlich beschriebenen Amphibien. Aus ihren Daten haben die Wissenschaftler einige Risiken zusammengetragen: Populationsrückgänge gibt es vor allem bei Arten, die einen großen Körper haben, die in ständig feuchten Gebieten leben und die eng mit Wasserlebensräumen verbunden sind.

Die Gefährlichkeit des Pilzes hat mit mehreren Fähigkeiten zu tun: Er kann viele verschiedene Arten befallen und nutzt die Arten, die nicht durch ihn krank werden, als Überlebensraum. Außerdem kann er durch Wasser übertragen werden.

Der Pilz greift die Haut der Tiere an, was problematisch für Lebewesen ist, bei denen die Hautatmung eine sehr wichtige Rolle spielt. Einige Arten scheinen aber Resistenzen gegen die Krankheit zu entwickeln.

Telmatobius sanborni

Ignacio De la Riva, Museo Nacional de Ciencias Naturales - CSIC, Spain

Telmatobius sanborni

Lebensräume schützen, Tierhandel eindämmen

In einem Kommentar, ebenfalls in „Science“, plädieren Dan Greenberg und Wendy Palen von der Simon Fraser University in Burnaby (Kanada) dafür, dass die Erkenntnisse aus der Studie Folgen haben sollten: „Es ist äußerst wichtig, diese Daten für ein proaktives Management einzusetzen, das mehrere Bedrohungen berücksichtigt.“

Der Verlust von Lebensräumen und der Klimawandel gehörten nach wie vor zu den Hauptbedrohungen für Tausende von Arten. Sie empfehlen, Lebensräume zu schützen, das Sammeln wilder Tiere zu beschränken und den Handel mit Tieren einzudämmen.

science.ORF.at/dpa

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