Schon eine kleine Dosis Natur wirkt

Ein Aufenthalt im Grünen hebt nicht nur die Laune. Schon nach wenigen Minuten gibt es auch messbare körperliche Reaktionen. Optimal sind 20 bis 30 Minuten, wie eine mehrwöchige Testreihe mit Freiwilligen nun ergab.

Wenn die Tage länger und wärmer und selbst die Städte wieder grüner werden, zieht es die Menschen in Parks und andere städtische Grünanlagen – ein sehr nützlicher Instinkt, wie zahlreiche Studien zeigen. Denn die Psyche reagiert schon auf ein kleines Stück Natur durchwegs positiv. Bereits zwanzig Minuten könnten ausreichen, um sich lebendiger, frischer und weniger erschöpft zu fühlen. Erkenntnisse wie dieses basieren allerdings meist auf Befragungen sowie Angaben zum subjektiven Wohlbefinden.

Frau liegt auf einer Parkbank im Frühling

APA/HELMUT FOHRINGER

Es gibt viele Arten, die Natur zu genießen

Aber kann man das auch messen? Ließe sich der Zusammenhang zwischen Dosis und Wirkung nämlich auch auf körperlicher Ebene messen bzw. genau quantifizieren, könnte man daraus ganz konkrete Gesundheitsempfehlungen ableiten, schreiben dazu die Forscherinnen um Mary Carol R. Hunter von der University of Michigan. „Wir wissen, dass ein Aufenthalt in der Natur Stress reduzieren kann. Aber wir wissen nicht, wie lange wir dafür draußen sein sollen, wie oft oder wie die Natur dafür ausschauen muss“, meint Hunter in einer Aussendung. Ihre soeben erschienene Studie widmete sich nun der Suche nach der optimalen Dosis.

Der Natur nahe

Das war laut den Forscherinnen nicht ganz einfach, denn für die Probanden war das relativ aufwändig - es brauchte Zeit und musste im Alltag Platz haben. Damit die 44 Freiwilligen trotzdem acht Wochen durchhalten konnten, erhielten sie recht viel Gestaltungsspielraum. Die Minimalanforderung: Sie mussten mindestens drei Mal pro Woche für mindestens zehn Minuten rausgehen – an einen Ort, wo sie sich der Natur nahe fühlen. Ob das der eigene Garten oder eine öffentliche Grünfläche war, war den Stadtbewohnern selbst überlassen.

Sie durften auch selbst entscheiden, ob sie lieber in der Früh, zwischendrin oder erst am Abend rausgingen, Hauptsache bei Tageslicht. Über den Untersuchungszeitraum durften sie ihren Rhythmus auch immer wieder anpassen. In der Natur konnten sie einfach auf einer Bank sitzen, aber auch einen Spaziergang oder einen kurzen Lauf machen. Wichtig war, dass sie sich von nichts ablenken ließen: Sie sollten weder reden, lesen, telefonieren und ihr Handy auch nicht anderweitig nutzen. Alle zwei Wochen bzw. mindestens an vier Tagen sollten sie außerdem vor und nach dem Aufenthalt in der Natur Speichelproben sammeln, damit die Forscherinnen die wechselnde Konzentration zweier Stressindikatoren messen konnten: von Cortisol und von Speichel-Amylase. Auch tägliche Schwankungen der Werte wurden erfasst und die Tagesabläufe genau protokolliert.

Am Ende gab es ausreichend Daten von 36 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die meisten waren Frauen zwischen 22 und 68 Jahren. Die Auswertung ergab, dass ein zwanzigminütiger Aufenthalt ausreicht, damit beide Stressmarker deutlich sinken, beim Cortisol um mehr als 20 Prozent pro Stunde, bei der Amylase um fast 30. Den größten Abfall pro Zeiteinheit – also die optimale Dosis für die maximale Wirkung - war zu verzeichnen, wenn sich die Stadtbewohnerinnen 20 bis 30 Minuten in der Natur aufhielten. Blieben sie länger, sank der Spiegel zwar weiter, aber nur noch geringfügig.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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