Katalog der ISS-Keime

Die Raumstation ISS umkreist die Erde in rund 400 Kilometer Entfernung. Dennoch beherbergt sie eine Reihe irdischer Mikroorganismen. Forscher haben nun einen Katalog der Bakterien und Pilze erstellt – die meisten von ihnen können mit Menschen in Verbindung gebracht werden.

Wichtig sind solche Ergebnisse für künftige Langzeitmissionen ins All, bei denen Keime eine immense Gefahr darstellen könnten - weil sich das Immunsystem von Raumfahrern im All verändert und medizinische Hilfe nur eingeschränkt möglich ist.

Bakterien ändern sich – je nach Besatzung

Die ISS kreist seit dem Jahr 2000 dauerhaft bewohnt von wechselnden Besatzungen um die Erde. Mehr als 200 Menschen waren bereits dort. Die Forscher um Checinska Sielaff von der Washington State University hatten 24 Proben untersucht, die innerhalb von 14 Monaten von drei verschiedenen Besatzungen genommen wurden. Acht Orte wie Esstisch, Schlafkabine, Toilette, Wände und Fenster wurden berücksichtigt, wie sie in ihrer Studie schreiben.

Anzahl und Zusammensetzung der gefundenen Pilze blieben stabil, die der Bakterien veränderte sich - wohl aufgrund der verschiedenen Raumfahrer an Bord. Ob die gefundenen Mikroorganismen den Menschen auf der Raumstation oder auch der ISS selbst gefährlich werden könnten, müsse noch untersucht werden, erklärte Sielaff. Die am häufigsten vorkommenden Mikroben waren Staphylokokken (26 Prozent) und bestimmte Enterobakterien (23 Prozent). Weitere elf Prozent gehörten zur Gruppe Bacillus.

Unter anderem wurde das Bakterium Staphylococcus aureus gefunden, das meist harmlos auf menschlicher Haut und Schleimhaut lebt, aber auch gefährliche Infektionen verursachen kann. Zudem wurden Bakterien der Gruppe Enterobacter nachgewiesen, die im menschlichen Darm vorkommen und zu Krankheiten führen können.

Auswirkungen unklar

Auf der Erde kämen solche Bakterien oft in Fitnessstudios, Büros und Krankenhäusern vor, sagte Sielaff. „Ob diese Bakterien die Astronauten krank machen können, wissen wir nicht. Das hängt von mehreren Faktoren ab - dem Gesundheitszustand jedes einzelnen Astronauten und davon, wie sich diese Organismen im Weltraum verhalten.“ Auch mögliche Auswirkungen auf die ISS sind noch unklar. Einige der nachgewiesenen Mikroorganismen trügen auf der Erde zur Zersetzung von Materialien bei, erklärte Mitautorin Camilla Urbaniak.

Forscher um Nitin Singh vom California Institute of Technology in Pasadena hatten auf der Raumstation bei einer vorangegangenen Analyse Bakterienstämme nachgewiesen, die gegen etliche Antibiotika resistent sind. Die Proben waren im Jahr 2015 vor allem von einer ISS-Toilette, aber auch aus dem Fitnessbereich genommen worden. Das Team berichtete, dass manche Bedingungen im Weltall wie die Schwerelosigkeit zur Entstehung von Resistenzen beitragen können. Auch bei dieser Studie blieb das konkrete Gefährdungspotenzial der gefundenen Erreger unklar.

Weitere Forschung sei notwendig, um die Gesundheit der Astronauten und die Funktionsfähigkeit der ISS dauerhaft sicherzustellen, sagte Kasthuri Venkateswaran von der US-Raumfahrtagentur NASA, Mitautor der aktuellen Analyse. „Angesichts möglicher zukünftiger Langzeitmissionen ist es wichtig, die Arten von Mikroorganismen zu identifizieren, die sich in ungewöhnlichen, abgeschlossenen Raumfahrtumgebungen ansammeln können.“

science.ORF.at/dpa

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