Österreichs Gletscher weiter auf Rückzug

Österreichs Gletscher sind auch in der Periode 2017/18 weiter auf dem Rückzug gewesen. Der durchschnittliche Längenverlust betrug 17,2 Meter. Laut dem aktuellen Gletscherbericht des Alpenvereins zogen sich 89 der 93 beobachteten Gletscher zurück.

Der größte Längenverlust wurde im Haushaltsjahr 2017/18 mit 128 Metern bei der Zunge des Viltragenkeeses in der Venedigergruppe in Osttirol dokumentiert. Diesem Negativ-Spitzenreiter folgten mit minus 86 Metern der Alpeinerferner (Stubaier Alpen), das Schlatenkees (Venedigergruppe) mit minus 67 Metern und das Untersulzenbachkees (Venedigergruppe) mit minus 53 Metern.

Während sich im letzten Berichtsjahr gleich drei Gletscher um mehr als 100 Meter zurückzogen, sei es im aktuellen Bericht lediglich das Viltragenkees gewesen, sagt Gerhard Karl Lieb, Geograf an der Uni Graz und Leiter des Messdienstes des Alpenvereins bei der Präsentation des „Gletscherberichts 2017/18“ am Freitag in Innsbruck.

Grafik zu Gletscherbericht

APA, OeAV

Auch bei den stationären Gletschern gab es eine geringfügige Verbesserung. Blieb in der Messperiode 2016/17 lediglich ein Gletscher stationär, waren es 2017/18 vier. Dies signalisiere aber keine Trendwende, betont Liebe. Der Gletscherschwund sei auch im Haushaltsjahr 2017/18 massiv ausgefallen. "Der Rückzug der Gletscher erscheint nur in Bezug zu den extremen Werten im letzten Berichtsjahr etwas gedämpft.“ Der durchschnittliche Längenverlust von 17,2 Metern sei der sechst höchste seit 1960.

Schneereicher Winter, heißer Sommer

Grund für die etwas weniger dramatischen Rückgänge sei der schneereiche Winter 2017/18 gewesen. Dadurch habe eine Schneedecke die Gletscher weit bis in den Sommer hinein geschützt. Doch ab April sei der Sommer 2018 durchschnittlich um rund zwei Grad Celsius zu warm gewesen, weshalb auch das Haushaltsjahr 2017/18 ein „sehr ungünstiges“ für die heimischen Gletscher gewesen sei, meinte Lieb.

„Es wird mit den Gletscher auch so weiter gehen“, blickt der Experte in die Zukunft. Eine Trendwende sah er jedenfalls nicht kommen. Denn die Gletscher hätten keine Reserven mehr, durch die „eine Massenbewegung von oben nach unten“ und somit ein Gletschervorstoß zustande kommen könnte. „Es bräuchte schon zwei oder drei Jahrzehnte, um wieder Reserven aufzubauen und dafür bräuchte es überaus kalte Sommer, was derzeit nicht zu erwarten ist“, sagt Lieb. Auch überaus schneereiche Winter wie der letzte, würden keine Trendumkehr mit sich bringen, da die entscheidende Phase der Sommer sei. Entwarnung gab der Experte aber sowohl für die Energiewirtschaft, als auch für die Trinkwasserversorgung. Denn die Gesamtwassermenge bleibe gleich und auch für die kommunale Wasserversorgung in Österreich sei nichts zu befürchten.

“Rettungspaket“ gefordert

Ein Plädoyer für mehr Umweltschutz kommt indes Ingrid Hayek, Vizepräsidentin des Alpenvereins. „Den Gletschern ist es völlig wurscht, wenn sie schmelzen, wir sind die, die sich ärgern. Den Bergen ist es völlig wurscht, wenn der Permafrost auftaut, wir sind die, die Probleme damit haben werden“, sagte sie. Der Planet habe schon Schlimmeres erlebt und sich wieder erholt. „Nur werden wir bei der Erholung nicht mehr dabei sein. Wir sind nicht unmoralisch, sondern dumm, denn nicht die Natur leidet, sondern wir leiden“, fügt sie hinzu.

Der WWF forderte angesichts der präsentierten Zahlen ein „Rettungspaket“ für die heimischen Gletscher. „Wir müssen alpine Ruhegebiete gegen die grenzenlose Verbauung unserer Berge einrichten, das Klima besser schützen und unsere Wasserressourcen sichern“, sagt Josef Schrank, Experte für Alpenschutz beim WWF in einer Aussendung. Aufgrund der verfehlten Klimapolitik drohe den Alpengletscher bis 2050, die Hälfte ihrer Masse zu verlieren. Jetzt gehe es darum, „zu retten, was noch zu retten ist“, betonte Schrank.

science.ORF.at/APA

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